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#1

Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 16.08.2010 23:54
von Günther • 2.336 Beiträge

Hallöchen,

ich möchte kurz von heute berichten.

Andreas Kleewein hat mich zunächst an verschiedene interessante Standorte in der Umgebung von Klagenfurt geführt. Die meisten davon werden zusehends immer schlimmer; ein sehr bekannter Laichplatz des Balkan-Moorfrosches (Rana arvalis wolterstorffi) zB ist zu dieser Jahreszeit inzwischen dermaßen verlandet, dass man ihn jetzt ohne Probleme durchqueren kann, es gibt zurzeit keine Stelle offenen Wassers. Im Frühjahr scheint das etwas besser zu sein, aber auch da wird es von Jahr zu Jahr enger...
Die interessanteste Stelle war eine Wiesenfläche, auf der sie letztes Jahr bei nur einer einzigen Durchquerung 20 Gottesanbeterinnen zählen konnten. Heute sind wir hingekommen, und es wurde nahezu die gesamte Wiese zum definitiv falschen Zeitpunkt gemäht - man könnte es heuer bestenfalls als Bergmahd bezeichnen. Hier tut sich mir die Frage auf: Gibt es überhaupt einen günstigen Mahd-Zeitpunkt für Gottesanbeterinnen? Was empfiehlt man hier bei Pflege-Maßnahmen?
Zwar haben wir uns dort über haufenweise Lauchschrecken, eine L. albovittata und ein paar Große Schiefkopfschrecken gefreut, aber so wie damals ist dort nichts mehr. Ein ganz kleines Stückchen blieb aber doch von der Mahd verschont, dort konnten wir, neben einigen Phaneropta falcatas, noch immerhin 2 Mantis antreffen:



Nachdem ich mich vom Andi verabschiedet hab, konnte ich nicht anders und musste noch zu einer riesigen Schotterfläche am Ufer der Gailitz in Arnoldstein fahren.



Ich kenne diese Stelle noch vom Schlangen-Suchen und hab mir gedacht, es ginge doch mit dem Teufel zu, wenn sich dort nicht irgendwo Chorthippus pullus (den es dort in der Umgebung geben sollte) oder Tetrix tuerki (die es dort in der Umgebung nicht geben sollte - aber wer weiß das schon?) auftreiben ließe! Leider war es schon recht spät, es hat sich ein Gewitter zusammengebraut und es war somit nicht mehr besonders warm... Die beiden genannten Arten konnte ich leider nicht finden (bei pullus wüsste ich ehrlich gesagt nicht mal, wie ich ihn optisch erkennen sollte), dafür aber zB die Graue Beißschrecke (Platycleis albopunctata grisea), die Langflügelige Schwertschrecke (Conocephalus fuscus) und auch wieder Phaneroptera falcata. U.v.a sang dort auch Ch. biguttulus, aber aufgrund der Grenznähe zu Slowenien/Italien trau ich mich wegen potenzieller Ch. eisentrautis nichts sagen..

Das Highlight war jedenfalls Sphingonotus caerulans, mit der hab ich dort nicht gerechnet (obwohl sie von dort bekannt ist, aber das wusste ich vorher nicht).



Sie lebt hier sichtlich +/- syntop mit Oedipoda caerulescens. Die Unterscheidung fiel mir bei einigen Individuen alles andere als leicht. Die Länge der Flügel ist wohl nur ein recht unzuverlässiges Merkmal, wie man zB hier sieht:


Oe. caerulescens


S. caerulans

Man muss da schon hinkriechen und den Hinterschenkel nach der Kante absuchen, um wirklich sicher zu sein (möchte nicht wissen, wie das von weiter weg für einen Beobachter ausschaut;-). Auch der Stiernacken von Oedipoda im Vergleich zu Sphingonotus ist zumindest für mich oft schwer zu beurteilen. Hier zB ein Tier, das den nicht hatte, dafür aber einen eingeknickten Hinterschenkel (den man aber auf dem Bild leider kaum sieht) und eher kurze Flügel. Die Flügellänge wäre tendenziell Oedipoda, die Färbung und der "Hals" (v.a. Letzteres) Sphingonotus.



Sind nicht ganz leicht, diese Viecher...

Flussregenpfeifer brüten dort auch - leider allesamt unberingt...


Viele Grüße,
Günther


zuletzt bearbeitet 17.08.2010 00:31 | nach oben springen

#2

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 17.08.2010 07:41
von WSW • 1.034 Beiträge

Hallo Günther,

diese Stelle an der Gailitz kenne ich - trotz meiner leider zu geringen Präsenz in Kärnten - schon ...

Damals waren wir glaub ich mehr botanisch motiviert (auf den Schotterbänken gibt´s tolle Raritäten, die z.T. aus Italien hereingeschwemmt werden), aber es gab jedenfalls Massen von Ch. pullus dort und das Viech ist ja in Wahrheit unverkennbar.
An S. caerulans kann ich mich nicht erinnern bzw. habe ich die zwischen caerulescens nicht erkannt oder sie waren dazumals noch nicht reif. Folglich sah ich meine ersten caerulans vor 2 oder 3 Jahren in Wörth/Pöchlarn und ich sollte wieder einmal hinschauen - bei uns werden sie erst im August reif und das Biotop steht momentan noch. Dort ist die Frage: wächst es zu oder wird es vorher weggebaggert?

Pflegemaßnahmen für Mantis? Keine Ahnung, ob das in Kärnten nötig sein sollte. Bei uns jedenfalls nicht, die finden ständig irgendwo was. Dabei konnte ich mir den größten Teil meines Lebens nicht vorstellen, dass ich das Tier bei uns einmal sehe...

VG Wolfgang

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#3

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 17.08.2010 09:54
von Günther • 2.336 Beiträge

Hallo Wolfgang,

hocken die Viecher wirklich mitten auf der Kiesbank rum, oder eher im Randbereich? Außer 3 Sphingonoten und kaum Oedipodas war dort absolut tote Hose, mehr hingegen ging´s an der Wegböschung zu. Aber pullus war definitiv nirgends zu sehen (zumindest am Anfang herrschten noch Sonne und nicht allzu niedrige Temperaturen). Merkwürdig...

Bzgl. Mantis: Es war nur erschreckend, wenn man von der letztjährigen Dichte dort hört und dann das. Die Frage der Pflegemaßnahmen war ja eher hypothetisch: Angenommen, das Viech wäre bei uns vom Aussterben bedroht - was sagt man dem Grundbesitzer, wie/wann er mähen soll? Die Tiere sind ganzjährig von der Wiese abhängig, die adulten nach der Mahd aber sichtlich nicht mehr dort...

LG,
Günther

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#4

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 17.08.2010 10:18
von hospiton • 2.720 Beiträge

Hallo Günther!

Nun, von diesem Foto hätte ich auch auf S. caerulans geschlossen, v. A. aufgrund des "Mondgucker"-Gesichtes! Den vermeintlichen Knick am Hinterschenkel kann man da auf dieser Einstellung nicht erkennen. Hast Du eigentlich dieses super Makro-Fernglas, das vor allem die Libellenkundler (---> WSW!) benützen? (ohne Schleichwerbung zu machen: Pentax Papilio 8,5 x 21) Das ist für solche Sachen eine Wucht! Die Investition von derzeit € 165,- macht sich auf jeden Fall bezahlt!

LG

Werner

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#5

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 17.08.2010 12:39
von WSW • 1.034 Beiträge

Ich weiß nicht, in welchem Zustand die gesamten Schotterbänke im Augenblick in diesem Bereich sind. Der von dir abgebildete Teil schaut jedenfalls nicht so toll aus und da sind Fahrzeuge drin rumgefahren (Auskiesung?). Da passt es nicht für den pullus.

Dieser lebt auf Bereichen, wo das Hochwasser nicht ständig hinkommt und sich schüttere Vegetation gebildet hat, die auch ein wenig Gräser und Seggen als Nahrung enthalten soll. Aus diesen Grasbüscheln scheucht man die Viecher leicht hervor (s. Lebensraumbild im oÖ-Atlas).
Nach meinem Empfinden ist der pullus eher ein Frühsommertier, der nach einem kürzeren synchronen Hoch relativ schnell "durch" ist. gerade in Kärnten könnte der jetzt schon weitgehend vorbei sein! Zu erkennen ist er leicht, da die Männchen im Erscheinungsbild ziemlich konstant sind (schwarz-weiß grau-Töne mit trübbraunen Flügeln und korallenroten Hinterschienen)

Übrigens verwende ich für Libellen keinen Zweitgucker, wenn man mit dem großen SW 10x42 umgehen kann, sieht man auch mit ihm Libellen
Oder ich schaue durchs 500er Tele...

VG Wolfgang


zuletzt bearbeitet 17.08.2010 12:41 | nach oben springen

#6

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 17.08.2010 12:55
von hospiton • 2.720 Beiträge

Hallo Wolfgang!

Dass man Libellen auch sieht, habe ich ja nicht bezweifelt, aber es ging mir um den Nahbereich, und da ist - soweit ich das in den Beschreibungen richtig herauslese und auch bei meinem alten Zeiss kenne - bei ca. 4 m Schluss, und mit dem kleinen, in jede Hemdtasche hineinpassenden komme ich auf 50 cm heran, und das ist, finde ich für Heuschrecken & Libellen, Tagfalter etc. schon ein Hammer, abgesehen von dem 10 x billigeren Preis... Aber: chacun à son goût!

LG,
Werner

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#7

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 17.08.2010 13:16
von WSW • 1.034 Beiträge

Hallo,

klar ist ein kleiner mit Naheinstellung super bzum Betrachten von Insekten!
Nur bin ich es eben gewohnt, mit dem bereits bestehenden Inventar umzugehen. Der Swarovski hat eine Naheinstellgrenze von 2,5m - da geht schon was. Allenfalls kann ich das fragliche Tier mit dem Tele knipsen und mir am Monitor in Ruhe die Details anschauen. Das sind halt die Vorteile der Digitalfotografie!

Eigentlich wollte ich bei meinem Beitrag vorher für Günther einen pullus als Datei anhängen, hab aber nicht beachtet, dass das aus irgendwelchen Gründen damals als tiff-Bild aufgenommen wurde. Ich probier´s jetzt noch einmal.

Grüße
Wolfgang

Angefügte Bilder:
pull.jpg
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#8

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 19.08.2010 00:45
von Günther • 2.336 Beiträge

Wolfgang, besten Dank für die Hilfe mit Deinem Photo - sie hat sich heute bezahlt gemacht!

Kurz entschlossen sind Markus Sehnal und ich heute nochmal in die Schütt gedüst und haben ihn dann ca. 1,5 km nördlich der Gailitz-Stelle tatsächlich gefunden, in mehreren Individuen.



Und zwar in einer Schwemmlandschaft am unteren Ende einer Erosionsrunse:



In den 1 1/2 Stunden, die wir dort verbracht hatten, gelangen uns Nachweise von immerhin 19 Arten (nebst höchst erbaulicher Begleitfauna).

Langflügelige Schwertschrecke (Conocephalus fuscus)
Graue Beißschrecke (Platycleis a. grisea)
Zwitscher-Heupferd (Tettigonia cantans)
Gewöhnliche Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera)
Alpen-Strauchschrecke (Ph. aptera)
Feldgrille (Gryllus campestris)
Sumpfgrille (Pteronemobius heydenii)
Langfühler-Dornschrecke (Tetrix tenuicornis)
Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens)
Rotflügelige Schnarrschrecke (Psophus stridulus)
Gewöhnliche Gebirgsschrecke (Podisma pedestris)
Sumpfschrecke (Stethophyma grossum)
Lauchschrecke (Mecostethus parapleurus)
Kleine Goldschrecke (Euthystira brachyptera)
Rote Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus)
Gemeiner Grashüpfer (Chorthippus parallelus)
Brauner Grashüpfer (Ch. brunneus)
Wiesen-Grashüpfer (Ch. dorsatus)
Kiesbank-Grashüpfer (Ch. pullus)

Verdacht auf Ch. montanus und S. caerulans hat zumindest bestanden, wir konnte ihn dann aber leider nicht mehr bestätigen.

Bei diesem Kollegen bin ich a bissl planlos (vermutlich ein etwas merkwürdig gefärbter Chorthippus?):



Und ENDLICH, nach allabendlichem Suchen, hüpften dann tatsächlich zwei Gewöhnliche Eichenschrecken (Meconema thalassinum) in Friesach mitten auf der Straße rum - unmittelbar gefolgt von der eigentlichen Krönung des heutigen Tages, nämlich auch der Südlichen Eichenschrecke (Meconema meridionale).
Jetzt muss ich mir halt nur irgendein neues Ziel für die abendlichen Rundgänge suchen... hm...


LG,
Günther


zuletzt bearbeitet 19.08.2010 00:48 | nach oben springen

#9

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 19.08.2010 11:14
von WSW • 1.034 Beiträge

Gratuliere zum pullus - neue Plätze findet man ja nicht alle Tage!

Aber wir haben ihn damals eindeutig auf der von dir ursprünglich aufgesuchten Stelle durchaus häufig gesehen. Nur waren damals die Schotterbänke in einwandfreiem, optimalem Zustand.

VG Wolfgang

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#10

RE: Ober- bis Unterkärnten

in Exkursionsberichte 19.08.2010 11:33
von Günther • 2.336 Beiträge

Ja, unmittelbar neben dieser ersten Stelle wird fleißig gebaut und planiert, da kurven in dem schönen, breiten und einladenden Flussbett sicher des Öfteren diverse "Panzerfahrzeuge" rum. Die Spuren im Schotter waren eindeutig.

Günther

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