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#1

Kurzes Kanaren-Intermezzo

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 26.11.2021 20:20
von hospiton • 2.720 Beiträge

Hallo,

nachdem sich im November noch eine Urlaubswoche ausging und das Reisen (zumindest bis zu unserer Rückkehr!) auch wieder halbwegs "normal" und "legal" möglich war, verschlug es uns nach fünfeinhalb Jahren wieder auf Gran Canaria, nachdem uns diese Insel eigentlich - trotz ihres z. T. zwielichtigen Rufes - recht gut gefallen hat, wenn man nur schleunigst ins Landesinnere abhaut. November ist halt für Naturliebhaber nur eine halbe Sache, aber zwei kleine Geschichten will ich Euch doch zeigen/erzählen:

Zum einen, die Jagd nach den Sphingonotus-Arten ist immer so eine Sportsache, denn kaum nähert man sich mit dem Netz (zum Determinieren muss man dort leider immer wieder dazu greifen) einem Vertreter dieser Gattung, springen und fliegen die immer in weitem Bogen davon, der gleichfärbige Untergrund erleichtert das neuerliche Auffinden natürlich sehr . Und dabei kam es zu dieser lustigen Beobachtung, von der ich eigentlich noch nie etwas gelesen oder gesehen habe: ein verdächtig aussehendes Individuum verfolgte ich auf diese oben geschilderte Weise eine Zeit lang, bis das Tier plötzlich reglos in dieser äußerst sonderbaren Haltung zu liegen kam:

Zuerst dachte ich, das Tier ist gegen einen Felsen gekracht und hat sich ernsthaft verletzt, zumal es sich mit der Hand so aufnehmen ließ, ich die Flügelkontrolle zwecks Bestimmung durchführen konnte und es dann wieder absetzte. Zu meinem großen Erstaunen setzte es sich in ganz natürlicher Haltung hin und flog wie schon zuvor, in weiten Sätzen von Dannen! Es war übrigens der erhoffte Inselendemit guanchus...
Und apropos Tarnung: Dank der, mir von Axel Hochkirch noch kurz vor meiner Abfahrt übermittelten Koordinaten konnte ich auch eine neue Art für mich finden, ebenfalls einen Inselendemit (also nur auf GC vorkommend): Dericorys minutus. Seinen Angaben zufolge sollte sie an 2 Stellen "häufig" vorkommen, auch fand ich am Abend vor meiner Reise noch ein Paper im Netz, welches eine Gruppe rund um Axel 2018 verfasst hat und in dem sie berichten, an 37 Untersuchungstagen 1215 Individuen gefunden zu haben. Nun, nachdem ich mich persönlich als recht "tüchtig" im Auffinden solcher Tierchen bezeichnen möchte, dachte ich mir: super, wird wohl ein Leichtes sein! Weit gefehlt. Ich investierte zwar "nur" 3 x je ca. eine Stunde in die Nachsuche und konnte sage und schreibe 3 Tiere finden. Am leichtesten war noch dieses adulte Weibchen zu erkennen:



Bei der Nymphe wurde es schon herausfordernder, als sie noch am Boden saß:



kaum sprang sie auf ein Ästchen, war es schon leichter:



Aber dann, am 2. Platz am anderen Ende der Insel, lief ich eine Stunde erfolglos durch das doch sehr öde Gelände, jedes Gänsefuß-Gewächs kontroliierend (zu dieser Familie haben die Vertreter der Gattung Dericorys eine enge Beziehung, dürfte auch die einzige Nahrung sein), ohne Erfolg (aber dort fand Axel lt. dem Paper vor 3 Jahren auch keine...). Erst am Weg zum Auto konnte ich durch Zufall ein Pünktchen hüpfen sehen (was aber auch die sukkulenten Blätter dieser Pflanzen machen, wenn man darüberstreicht!) und - tatsächlich, eine Mini-Nymphe, welche ich dann in Fotoposition "jagen" konnte. Zwei Bilder gemacht und Weiterfahrt. Abends im Bett kontrollierte ich am Kameradisplay die beiden Bilder - keine Heuschrecke zu sehen!!! Der Ärger war groß, muss die mir doch beim Abdrücken wieder weggesprungen sein, bei der Kleinheit dürfte mir das nicht aufgefallen sein. Und gestern, zu Hause am PC, bevor ich die Bilder löschen wollte - das Baby war doch am Bild! Viel Spaß beim Suchen:



Vielleicht ist ja diese Möwe Schuld, welche diese Chenopodiaceae förmlich in Beschlag genommen hat, dass die Tiere dort doch so selten waren oder ich schon schlechter sehe als Axels' Studenten und Studentinnen...



LG

Werner


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#2

RE: Kurzes Kanaren-Intermezzo

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 26.11.2021 21:43
von JarJar • 614 Beiträge

Hallo Werner,

spannende Beobachtungen! Ob das auch andere Arten der Gattung machen? Weshalb hat Gran Canaria denn einen zwielichtigen Ruf? Sind am überlegen, ob wir im kommenden Jahr einen Trip dort hin machen... eher dann ins Landesinnere.

Lieben Gruß,
Christoph

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#3

RE: Kurzes Kanaren-Intermezzo

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 26.11.2021 22:19
von hospiton • 2.720 Beiträge

... auf jeden Fall sollst Du dort hin (evtl. zu einer anderen Jahreszeit, siehe z. B. meinen Februar-Eindruck! Das "zwielichtige" bezieht sich da nur auf den touristischen Wahnsinn an der Südküste, der bei uns durch die Medien geistert, ähnlich wie auf Mallorca (ich nenne nur das Stichwort "Ballermann") sowie der bauliche Wahnsinn, der auf den beiden kanarischen Hauptinseln und auch auf den Balearen einen fast amerikanischen Lebensstil erahnen läßt...

LG

Werner


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#4

RE: Kurzes Kanaren-Intermezzo

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 28.11.2021 09:22
von Günter Pucher • 670 Beiträge

Hallo Werner,

schöner Bericht der wieder auf schöne Zeiten hoffen lässt.

Die Nymphe hatte ich ja im Zentrum des Fotos vermutet aber nicht gefunden. Bei Vergrößerung des selben war sie dann wieder im Zentrum...und in unserem Alter darf man solche "Tarnkappenschrecken" schon mal übersehen .

VG S-Gü

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