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#1

Hochschwab: Wo bleibt G. sibiricus?

in Beobachtungen in Österreich 01.09.2019 17:58
von WSW • 1.034 Beiträge

Hallo,

ich war vor ein paar Tagen am Hochschwab, genauer gesagt auf den Aflenzer Staritzen vom Seeberg aus. So vor etwa 20 Jahren war ich mit 2 Kollegen auch schon dort oben unterwegs und hatte das Erlebnis, das Bellmann im alten Heuschreckenführer so treffend beschrieb: "Der lautstarke Gesang von Aeropus sibiricus in einem stillen Hochalpental ist ein bleibendes Erlebnis".

Nun, vor 4 Tagen war davon absolut nichts mehr zu hören, nur das Ticken von O. viridulus, trotzdem ich auf der Suche nach Hummeln kilometerweit die Hochfläche durchquert habe.
Ich komm ja jetzt kaum noch in diese Höhen, aber schon vor ein paar Jahren hatte ich den Eindruck, dass sibiricus in den (Nord-)Ostalpen sukzessive immer weniger wird, bzw. stellenweise verschwindet. Sind die mittlerweilen jetzt eh schon ganz weg, weiß da jemand was drüber?

Am Klima kann es ja kaum liegen, ich war kürzlich am Dobratsch unterwegs, da sind die Südhänge auch alles andere als kalt und schon an einem Parkplatz unterhalb der Rosstratten gab es vielstimmigen Chorgesang von sibiricus.

Beim Abstieg von den Staritzen kam ich gleich ganz oben bei diesen Felsen vorbei, wo sich darunter ein nicht allzu großer, aber sehr heißer Schutthang mit ziemlich verbranntem, spärlichem Bewuchs erstreckt. Da denkt man natürlich gleich wieder an eisentrauti, noch dazu, wo man von dort zu Toni´s großen Schutthalden über dem Gamssteig direkt hinübersieht, wo er seinerzeit auf der Suche nach eisentrautis herumgekraxelt ist.

Ich bin also auf die kleine Schutthalde hinauf und es war tatsächlich überall biguttulus agg. zu hören. Ich kann Tonis Anstrengungen damals gut nachvollziehen, denn mit meinen schmerzenden Gelenken war es ganz schön heavy, dort in dem Gefälle auf beweglichem Untergrund so ein Tier zu fangen bzw. Fotos zu schießen.

Die Tiere, die ich dort gesehen habe, zeigen eindeutig mehr Merkmale von eisentrauti als von biguttulus. Allerdings gibt´s eben am Subcostalfeld wieder diese kleinen Ungereimtheiten, bei allen 3 dokumentierten Tieren gleich: es erweitert sich anfangs gleichmäßig, läuft dann parallel ein Stück weiter (mit ev. sogar geringstfügiger Verschmälerung?), um dann gegen Ende die größte Breite zu erreichen. Ansonsten roter Hinterleib, rote Schienen und Hinterknie, rötliche Hinterschenkel.

Und der Gesang: manche metallisch lispelnd, andere mehr rasselnd. Aber das eine fotografierte Exemplar performte direkt vor meinem Objektiv einen kompletten Durchgang mit genau 5 Versen, davon der erste eindeutig viel kürzer als die anderen.

Toni würde wohl sagen: Das sind alles Hybriden....

Wie schaut´s aus, gibt´s neue Erkenntnisse zu dem Formenkreis? Im neuen Heuschreckenführer sind auf der Karte in den Nordostalpen Punkte eingezeichnet...



Subcostalfeld von einem anderen Tier:



Erstes Tier singend:



3. Tier:



Auf der Hochfläche habe ich viele verblühte, fruchtende Chamorchis alpina gefunden:



Und bei den Hummeln hat es noch für meine 35. Art in Österreich gelangt mit 2 Drohnen von Bombus mendax. Witzige Viecher, sie besetzen Warten, von denen aus sie allen möglichen Flugobjekten nachdüsen, in der Hoffnung, es seien Weibchen. Dazu brauchen sie die besonders großen Augen. Nach einem kurzen Schwirrflug landen sie wieder auf ihrer Warte.



VG Wolfgang


zuletzt bearbeitet 01.09.2019 23:13 | nach oben springen

#2

RE: Hochschwab: Wo bleibt G. sibiricus?

in Beobachtungen in Österreich 21.09.2019 23:13
von WSW • 1.034 Beiträge

Keine Antworten auf meine Fragen. Also bin ich heute auf die Gemeindealpe, um mir selber die Antwort zu verschaffen. Vom Zellerrain über den Eisernen Herrgott bin ich zur Gemeindealpe marschiert, genau wie seinerzeit an einem Spätherbsttag, als ich in einem Steilhang unter dem Gipfel damals mehrere singende Sibirier gefunden habe.
Und ich war irgendwie überzeugt, dort jetzt keine mehr zu finden. Aber gleich der erste Grashüpfer, den ich mir genauer ansah, war ein Gomphocerus sibiricus, ein echter Niederösterreicher! Ich habe jedoch nur 2 ♂♂ und 3 ♀♀ gefunden, was wohl dem starken kalten Wind geschuldet war. 2 Strophen Gesang waren nur an einer 2. Stelle oben am Gipfel zu hören.
Weitere Arten dort auf 1500m waren Ch. biguttulus, Ch. brunneus, G. rufus, Eu. brachyptera, P. stridulus, T. kraussii, M. brachyptera, Ph. aptera.

Es ist erstaunlich, dass sich der sibiricus immer noch auf der doch recht niedrigen Gemeindealpe behaupten kann:







Eine merkwürdig braune, langflügelige Metrioptera brachyptera:



Ein seltsamer dunkelroten Ch. brunneus:



Und einen biguttulus hab ich mir auch näher angesehen, aber schon der Gesang passte überhaupt nicht zu eisentrauti und die geschwungene Subcostalader auch nicht.



Die Südseite des Ötschers heute Nachmittag; da, meinte Günther einmal, sollte man allenfalls niederösterreichische eisentrauti in den Schutthängen suchen. Ich komm da jetzt leider nicht mehr rauf.



VG Wolfgang

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