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Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 26.06.2011 16:16von WSW • 1.034 Beiträge
Hallo!
Nach längerem hab ich mich heute wieder mal den Heuschrecken gewidmet - einen 4. Tag bei dem bescheidenen Wetter indoor zu verbringen war ja nicht mehr auszuhalten...
Erste Station: Wörth/Pöchlarn - war schon länger nimmer dort.
Vogelmäßig gab es nur 1 beim nun durch einen Neubau verdeckten Kompost kreisende Mittelmeermöwe, 1 sommerliches Tafelentenmännchen, viele Haubentaucher mit bescheidenem Bruterfolg und 1 überraschende stationäre Schafstelze (im westlichen NÖ so selten wie ein Goldschatz ).
Bei einem bei der Mahd stehengebliebenen Rest von Grünland meinte ich, dorsatus singen zu hören. Es dürften aber die vielen Großen Goldschrecken dort gewesen sein (?). Weiters gab es hier aber nicht nur Larven, sondern bereits auch Adulttiere der Lauchschrecke zu sehen:
Die sind erst die letzten Jahre hier aufgetaucht. Ganz neu allerdings ist der albomarginatus! Die cover version vom brunneus war zahlreich zu hören.
Bei den Tetrix nichts Neues: tenuicornis und subulata. Keine Sphingonotus-Larven.
Dann Standortwechsel ins südliche Waldviertel bei Persenbeug. Ich wollte ohnehin wissen, ob die Stegwiese noch steht, und bei der Gelegenheit gleich nachschauen, ob ich einen Phäno-Rekord für stigmaticus schaffe.
Früher gab es einige derartige Bürstlingswiesen im südlichen Waldviertel, aber nun ist praktisch nur mehr die berühmte Stegwiese übriggeblieben. In den letzten Jahren sah es auch hier nach einem Ende aus, zumindest in einem Jahr wurde sie nicht gemäht, letztes Jahr aber schon.
Bei meinem Eintreffen stellte ich fest, dass sie heuer noch nicht gemäht wurde; die Frühlingsarten wie z.B. Waldläusekraut sind längst abgeblüht, die Frühsommerarten stehen jetzt in Blüte. An flachgründigen Stellen bleibt die Vegetation nach dem trockenen Frühling aber weiter kurzrasig und lückig.
Es handelt sich neben der nur wenig entfernten Hohenfurtwiese um die einzige Fläche, wo ich Stenobothrus nigromaculatus im Bürstling gefunden habe. Auch heute konnte ich die Art zumindest kleinflächig häufig antreffen. Die meisten Männchen waren ungewohnt dunkel.
Die Weibchen hingegen eher normal gefärbt:
Und dann hatte ich schon den ersten Stenobothrus stigmaticus, meinen Lieblingszwerg. Bald darauf einen 2. und letzten, aber wer schon einmal probiert hat, diese Winzlinge in einer Wiese zu fotografieren...
Als ich die Art seinerzeit hier entdeckte, hatte es gewimmelt davon. Seither habe ich nur mehr Einzeltiere gefunden. Unter den vielen Larven sollte aber noch was nachkommen.
Die Wiese weist ein Relief mit zahlreichen Senken und Gräben auf, wo sich die Feuchtigkeit ansammelt. Die früher artenreichen Kleinseggenriede haben sich aber durch die unregelmäßige Mahd zuletzt in monotone Bestände der Spitzblütigen Simse (Juncus acutiflorus) verwandelt, immerhin eine in NÖ auch vom Aussterben bedrohte Art, da sie fast nur mehr hier vorkommt, abgesehen von wenigen anderen Stellen im Ostronggebiet.
Die früher hier vorkommende Hartman-Segge (Carex hartmanii) wurde dadurch verdrängt, ein mutmaßliches Exemplar konnte ich aber noch finden:
Hier jedenfalls ist das Habitat von Chorthippus montanus und es waren auch schon viele adulte anwesend. Nur ich war zu spät und so wurde der Ostösterreich-Rekord (lt. Atlas) um 1 Tag verfehlt...
Die Stegwiese ist übrigens so ziemlich die einzige Fläche in meinem Gebiet mit 3 Stenobothrus-Arten. Hier ein eher extrem gefärbtes lineatus-Männchen:
Um das Außergewöhnliche an der Stegwiese zu erklären, nun noch einige botanische off topics.
Mein Schulkollege Wolfgang Leopoldinger hat für seine Ostrongflora im Rahmen einer Dissertation in den 80iger Jahren vergeblich nach der im "Janchen" für den Ostrong angegebenen Sumpfwurz (Epipactis palustris) gesucht, mir blieb es vorbehalten, sie vor etwa 10 Jahren auf der anderen Ostrong-Seite bei Münichreith zu finden. Heute aber 3 Pflanzen in der von Wolfgang so intensiv untersuchten Wiese! Wohl ein Ergebnis des inzwischen veränderten Mahd-Regimes.
Man fragt sich nur, wie und woher die in diese Wiese kommen...
Eine weitere Art, die Leopoldinger als für den Ostrong ausgestorben angibt und die ich heute erstmals in der Wiese finden konnte, ist die Kriech-Weide (Salix repens):
Das sonst überaus seltene Preußische Laserkraut (Laserpitium prutenicum) dagegen gibt es hier nach wie vor zum Abwinken:
Auch im Bürstling: Die unscheinbare seltene Flohsegge (Carex pulicaris):
Früher hatte ich in Sichtweite des warmen Donautals an einem Rinnsal einen Bestand des Sonnentaus entdeckt, vor ein paar Jahren dort dann nichts mehr gefunden, da die Mahd ausgeblieben war. Heute Gott sei Dank doch wieder 7 Exemplare:
Und an einer 2. Stelle, wo sich inzwischen Torfmoos angesiedelt hat, sogar noch einige Pflanzen!
Beim Abgang scheuchte ich noch einen Roesel unabsichtlich in ein Spinnennetz. Das Gift der Spinne wirkt unheimlich schnell.
Metrioptera brachyptera hingegen habe ich noch keine gefunden, obwohl das Wetter geradezu ideal gewesen wäre. Dafür O. viridulus, Eu. brachyptera, Ch. parallelus und T. cantans.
Die Stegwiese mit ihren geschätzten 3-4 ha Heidekraut-Bürstlingsrasen, inkludierend flächige Spitzblüten-Simsenrasen, ist weiterhin noch immer ein Paradies, doch wohl nur noch auf Abruf.
Ich habe dann noch einen weiteren früher guten stigmaticus-Platz aufgesucht, doch in der offenbar gedüngten hochgrasigen Wiese war, wie auch schon vor 2 Jahren, nichts mehr zu finden. Insgesamt geht´s dem stigmaticus im Waldviertel schlecht, aber ich werde mir das im Sommer noch genauer ansehen!
VG Wolfgang
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 27.06.2011 17:48von Thomas Z-K • 738 Beiträge
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 28.06.2011 22:04von WSW • 1.034 Beiträge
Danke! Ich wollte einfach nur diesen Vegetationstyp und Heuschreckenlebensraum mal vorstellen, da er einfach absolut vom Aussterben bedroht ist. Auch wenn er natürlich nicht mit den Heuschrecken-Arten z.B. von einem Steinfeld mithalten kann (bedeutender sind sicher die Pflanzenarten), so ist es doch faszinierend, wenn man auf wenigen qm Arten wie St. nigromaculatus, St. stigmaticus und Ch. montanus finden kann.
Ich werde mal versuchen, wieder eine Offensive für die Stegwiese zu starten. Nachdem frühere Bemühungen für alle Bürstlingswiesen im südlichen Waldviertel versandet sind, wäre es jetzt ja für nur mehr eine Wiese leichter.
VG Wolfgang
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 28.06.2011 22:23von WSW • 1.034 Beiträge
In meiner Bezirksflora wäre eins drinnen . Aktuell hab ich keins geschossen, da ich das Weitwinkel im Auto ließ und mit dem 100er kann man einfach keine repräsentative Aufnahmen schießen.
Aber ich werde demnächst wieder hinschauen, da es mich interessiert, wie es dort mit dem Kleinen Blaupfeil aussieht.
VG Wolfgang
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 28.06.2011 22:44von Günther • 2.342 Beiträge
Na dann freu ich mich schon auf das Bild!
Der Kleine Blaupfeil ist für mich sowas wie ein Rotes Tuch, den werd ich wohl nie erkennen (außer vielleicht, man kommt ganz nahe an ihn ran). Ist jetzt eigentlich off-topic, aber gibt es außer der Größe (die ja auch oft relativ ist) ein anderes Merkmal, wie man den auf größere Distanz identifizieren kann? Ist wohl schwierig...
LG,
Günther
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 29.06.2011 07:00von Martina • 183 Beiträge
Hallo Günther,
ausgefärbte Kleine Blaupfeil-Männchen (Orthetrum coerulescens) erkennst du daran, dass sie komplett blau sind. Nur der Südliche Blaupfeil (O. brunneum) sieht ziemlich ähnlich aus. Das deutlichste Merkmal, um die beiden zu unterscheiden ist die Nase. Der Südliche Blaupfeil hat eine weiße Nase, beim Kleinen ist sie bräunlich. Hab' grad gestern ein Belegfoto vom Südlichen gemacht, das hier ganz gut paßt (schlechte Aufnahme und weit entfernt ).
LG,
Martina
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 29.06.2011 22:12von WSW • 1.034 Beiträge
Hier mal der Kleine Blaupfeil von heute, es waren immerhin 2 revierhaltende Männchen anwesend. Nach dem Zustand der Flügel sind die heuer schon extrem früh geflogen. Ich habe sie jedenfalls zu Recht nicht als "ausgestorben" im Bezirk Melk eingestuft .
Zur Bestimmung: Bei Männchen seh ich eigentlich keine Verwechslungsmöglichkeit mit anderen Blaupfeilen. Sie sind auch nicht ganz blau, sondern an Thorax und Kopf ziemlich dunkel im Gegensatz zum Südlichen Blaupfeil. Weiters viel kleiner als der Große oder der Östliche Blaupfeil. Und in dem Habitat wirst du jedenfalls die beiden größeren auch nicht finden, Günther.
Wenn man sich die Verbreitungskarte ansieht, wirst du in der Osthälfte Österreichs auch gar nicht leicht welche finden, in der Böhmischen Masse schon überhaupt nicht. Lediglich in Vorarlberg und Nordtirol sind sie etwas häufiger.
Das andere dann, wenn ich mehr Zeit habe, komm eben vom Cordulegaster-Nachtflug (bis 21h10) zurück...
VG Wolfgang
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 30.06.2011 02:35von Günther • 2.342 Beiträge
Danke Euch beiden für die Erklärungen!
Ich verlass mich am besten drauf, dass man ihn einfach sofort erkennt, wenn man ihn vor sich hat. Die Größe scheint ja wirklich ein recht gutes erstes Merkmal zu sein. Bin schon gespannt, wann er mir das erste Mal unterkommen wird (bzw. ob überhaupt)!
LG,
Günther
RE: Wörth und Stegwiese (Juwel der Waldviertler Bürstlingswiesen)
in Exkursionsberichte 30.06.2011 11:13von Martina • 183 Beiträge
Hallo Wolfgang,
danke für den schönen und so lehrreichen Bildbericht! Drücke dir beide Daumen für den Schutz der Stegwiese. Schon traurig, dass es erst die letzte sein muss, bis man etwas erreichen kann (oder leider manchmal auch nicht)...
Bezüglich der Blaupfeile - sehe das eigentlich wie du (hab ja auch von dir gelernt ;-) ). Kenne die Kleinen auch nur so: Kopf und Thorax dunkel, das Abdomen - im Gegensatz zu Großem und Östlichem - bis zur Spitze blau. In der Artenliste vom Libellenforum sind jedoch Bilder von einem Kleinen Blaupfeil, der dem Südlichen schon sehr ähnlich sieht. Und du weißt ja, die arbeiten sehr gründlich mit der Auszählung der Flügeladern . Deshalb hätte ich eine Verwechslungsmöglichkeit nicht kategorisch ausgeschlossen...
@ Günther: du wirst es bestimmt auf Anhieb wissen, wenn du einen vor dir hast. Wahrscheinlich aber nicht wegen der Größe, sondern einfach wegen dem typischen Gesamteindruck. Wenn du dir die Blauen mal im Vergleich anschauen willst, kann ich dir gerne eine Stelle nennen, an der alle 4 Blaupfeil-Arten + Spitzenfleck gleichzeitig fliegen.
LG,
Martina
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