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#1

Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 06.06.2011 02:23
von Günther • 2.336 Beiträge

Guten Abend,

muss mich schon wieder für die Länge entschuldigen...

Wie gesagt ging es vergangenes Wochenende ziemlich spontan und leider viel zu kurz nach Istrien. Ich hätte mich so gefreut, mal eine „exotische“ Tetrigide (v.a. Uvarovitettix depressus, von der man im Netz auch den noch viel klingenderen Namen Depressotetrix depressus findet;) zu entdecken. Geglückt ist uns das aus folgendem Grund nicht: Unser „Stützpunkt“ war Medulin am Südspitz der Halbinsel, von der aus wir nahezu das gesamte Süd-Istrien erkundet haben. In diesem Bereich gibt es so gut wie keine Süßgewässer, das sieht man auch schon auf der Landkarte. Nach Tonis Empfehlung zu Uvarovitettix-Fundstellen haben wir besonders auf feuchte Ufer geachtet, doch es war nix zu machen, sowas existiert da einfach kaum (außer den Meerufern, und halophil sind die Viecher wohl eher weniger). Umso mehr haben wir uns am Sonntag gefreut, am Heimweg an einer verdächtigen Tetrix-Stelle weiter nördlich wenigstens ein paar tenuicornisse aufzustöbern. Doch im ganzen Süden trotz teils intensiver Suche keine einzige Dornschrecke – und das an Orten, an denen es bei uns nur so wimmeln würde…
Beängstigend war, dass ich mehr nach Heuschrecken als nach meinen geliebten Reptilien gesucht hab. Dennoch sind uns Sichtungen von immerhin 9 Reptilienarten gelungen! Aber darum geht´s ja jetzt nicht…

Also, es gab natürlich trotz allem einiges an Heuschrecken zu sehen, wegen derer ich teilweise fast ausgeflippt bin (da noch nie gesehen)! Ich stell ein paar Photos davon rein. Vermutlich hab ich mich bei ein paar Arten verbestimmt, da nur wenig Ahnung von mediterranen Heuschrecken vorhanden war/ist. Bei Fehlbestimmungen bitte ich Euch um Korrekturen..!

Gleich der erste Hüpfer (immer wieder anzutreffen) war die Langbeinige Sichelschrecke Acrometopa macropoda, hier eine späte Larve. Bei deren Anblick musste ich immer wieder feststellen, dass die einer Dolichopoda (Gattung der Langbeinschrecken, siehe S. 164 im Bellmann) um nichts nachstehen! Würde man die Hinterbeine und Fühler durchstrecken, käme man locker auf eine Gesamtlänge von sicher an die 20 cm!).



Die Highlights fanden sich an einem auf den ersten Blick nichtssagenden Parkplatz neben einer Landstraße.



Es ist alles sicher nichts Seltenes, aber ich war dennoch ganz aus dem Häuschen! Hier fanden wir in einer einzigen Buschreihe in großer Dichte die von mir aufgrund diverser Buch-Abbildungen schon lange ersehnte Barbitistes ocskayi, die schöne Poecilimon ornatus (kaum zu glauben, dass es die auch bei uns gibt - die ist ja riesig!) sowie mE Barbitistes yersini (schon adult? Ich denke schon..).


B. ocskayi


B. ocskayi


B. ocskayi


P. ornatus


P. ornatus (hier mit einem Schnellkäfer).


B. yersini

Die Tiere fanden sich großteils auf Eichen. Abgesehen von riesengroßen Gallen waren hier auch noch in rauen Mengen diese Raupen unterwegs. Besteht vielleicht ein Zusammenhang zwischen deren Vorkommen und denen der genannten Schrecken? Was sind das für welche?



Hier gemeinsam ocskayi mit ebensolcher:



Ansonsten hier neben hunderttausenden Calliptamus und Oedipodas auch Pholidoptera fallax(?)



, die Veränderte Beißschrecke Platycleis modesta (Larve)



sowie mehrere minikleine Gottesanbeterinnen.




Doch damit nicht genug! Noch ein paar weitere Bilder:

Euchorthippus declivus. Hat schon fest gesungen..



Larve dieser Art?



Was wird mal daraus?



Ich hatte zwecks Gepäck-Reduzierung nur den Bellmann dabei. Und bei den am häufigsten anzutreffenden Heuschrecken hatte ich große Zweifel, die lassen mir einfach keine Ruhe! Keine Ahnung, wie oft ich die Bilder am Display der Kamera angeschaut hab… Ich denke ja, dass das alles Eupholidoptera chabrieri war, allerdings nicht typisch gezeichnet. Die Viecher saßen in jedem Busch! Könnt Ihr mir bitte sagen, ob ich da richtig liege?? Würdet mir einen riesengroßen Stein vom Herzen nehmen;)...





Hier noch ein Suchbild - wie viele verbergen sich da?
Sollten auch alles späte Larven sein...




Am Sonntag haben wir dann noch den Naturpark Kap Kamenjak, die absolute Südspitze der istrischen Halbinsel, besucht. Landschaftlich ein Traum!





Den Krähenscharben hat´s dort auch recht gut gefallen, ebenso den Jetski-Fans;)






Abschließend noch die Liste der adult festgestellten Arten (ohne bestimmte Reihenfolge):

Chorthippus cf. bornhalmi
Ch. biguttulus
Ch. parallelus
Tettigonia viridissima
Pholidoptera fallax
Gryllus campestris
Anacridium aegyptium
Euchorthippus declivus
Calliptamus italicus
Poecilimon ornatus
Barbitistes yersini (?)
Barbitistes ocskayi
Pteronemobius heydenii
Tetrix tenuicornis
Omocestus rufipes
Eumodicogryllus bordigalensis



Ich danke Euch für Eure Meinungen!
Günther


zuletzt bearbeitet 09.06.2011 01:41 | nach oben springen

#2

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 06.06.2011 13:11
von Florin Rut • 269 Beiträge

Lieber Günther

Wieder ein grandioser Beitrag vom Kuzausflug.

Schade hast du diese Uvarovitettix nicht gesichtet. Meines Wissens wird die aktuell wieder bei der Gattung Tetrix eingeordnet!

Die Acrometopas gefallen mir auch immer sehr und ich wunder mich jeweils, wie die mit den langen Beinen weder stolpern noch sich verknoten. In Kroatien kommt nur Acrometopa macropoda vor. Die anderen Acrometopa-Arten kommen entweder auf der italienischen Seite oder weiter östlich und südlich vor. Sonst wäre eine Bestimmung nicht möglich.

Ja, die Poecilimon ornatus ist ein ordentliches Viecherl. Bilderbuch mässig gezeichnet, wie im Bellmann. Aber anderswo ist diese Zeichnung nicht nur bei P. ornatus zu finden, da habe ich mich auch schon blenden lassen. Ausschlaggebend sind dann wirklich die Cerci.

Bei dem Barbitistes cf. yersini Weibchen bin ich mir nicht absolut sicher. Mir sind die Flügel etwas wenig abgerundet. Vielleicht liegt es auch nur an der Perspektive. Die Farbe kann bekanntlich täuschen. Du hast nich zufällig noch andere Perspektiven abgebildet?

Deine Pholidoptera fallax wird vermutlich schon eine sein. Andere Pholidopteras, die Ph. fallax ähnlich sehen, habe ich unten an der Küste noch nie gesehen. Kenne bei denen die Höhenverbeitung nicht auswendig, gefühlsmässig die meisten aber in den Bergen.


Von diesen habe ich auch schon hunderte gesehen, wenn ich mir deine Euchorthippus declivus ansehe, dann ergibt sich daraus eine schöne Entwicklungsreihe, nicht?

Die Eupholidoptera sind halt im letzten Larvenstadium. Glücklicherweise kommen hier ja nur Eupholidoptera chabrieri vor.

LG Florin

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#3

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 06.06.2011 23:21
von Günther • 2.336 Beiträge

Hallo Florin,

ich dank Dir für Deine Erläuterungen! Und glaub ja, die Acrometopa verknotet sich nur deshalb nicht, weil die einfach recht langsam und "vorsichtig" unterwegs ist;) Von ihrer Bewegungsweise her hat sie mich stark an eine Mantis erinnert, so marionettenartig hin und herwippend..

Die cf. yersini hab ich auf einem einzigen Bild (etwas unscharf) in einer anderen Perspektive abgelichtet - siehe hier:



Die Flügel sind recht kurz bei diesem Viech, das wird wohl auch das sein, was Dich irritert hat. Was käme sonst noch infrage?

Euchorthippus ist bei der Larve recht einleuchtend!


Viele Grüße,
Günther

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#4

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 06.06.2011 23:28
von Toni • 490 Beiträge

Hallo Guenther!

Auf die Schnelle.
Pholidoptera ist mit grosser Wahrscheinlichkeit Pholidoptera femorata.
Vgl. Bilder auf der Hompage von Kleukers.


LG, Toni

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#5

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 06.06.2011 23:49
von Toni • 490 Beiträge

Hallo Guenther!

Nachtrag von meiner Seite zu deinem schoenen Kroatien-Beitrag.
Die Raupen sind die gefuerchteten Schwammspinner (Lymantria dispar).
Richtig waere Platycleis modesta.
Die Poecilimon ornatus-Gruppe ist schwierig.
Kenne mich hier allerdings auch nicht aus.


LG, Toni

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#6

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 07.06.2011 00:01
von Günther • 2.336 Beiträge

Danke Toni!

Dass es auch eine ornatus-Gruppe gibt, wusste ich nicht. Da schauen die Tiere äußerlich endlich mal eindeutig aus, und schon wieder gibt es hier anscheinend Arten, die sich ähnlich sehen...*hmpf*
Bitte verlinke, wenn Du mal kurz Zeit hast, nochmal die Kleukers-Homepage. Finde sie leider gerade nicht.. Dankeschön!
edit: Hab mich bei der modesta doch glatt bei der Gattung verschrieben - Merci, ist ausgebessert.

LG,
Günther


zuletzt bearbeitet 07.06.2011 01:02 | nach oben springen

#7

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 07.06.2011 08:32
von Florin Rut • 269 Beiträge

Hallo Günther und Toni

Bei der Barbitistes war es doch eine Frage der Perspektive. Auf dem Foto lässt sich die Einbuchtung an der Stelle, wo sich die Flügel überschneiden erkennen. Ist zwar nicht das sicherste Unterscheidungsmerkmal von B. ocskayi, aber mit der Farbe passt das schon sehr gut für B. yersini.

Bei der Pholidoptera dachte ich auch erst an Ph. femorata, aber ohne Cerci und Flügel, trau ich mich da nicht fest zu legen. Die "verunreinigungen" im hellen Halsschildband sind eher typisch für Ph. fallax. Ph. femorata sollt davon weniger haben - normalerweise!

Wegen Poecilimon ornatus: Auch davon gibt es eine ganze Gruppe die Poecilimon ornatus/affinis-Gruppe. Wenn ich mich recht erinnere, kommt aber in Istrien ausschliesslich P. ornatus aus der Gruppe vor. Darum habe ich geschrieben, dass die Art anderswo nicht einfach zu bestimmen ist.

LG Florin

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#8

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 07.06.2011 16:16
von WSW • 1.034 Beiträge

Hallo Günther!

Schöne Bilder aus einer mir wohlvertrauten Gegend! Zu Tito´s Zeiten war die schöne Landschaft am Kap südlich von Premantura mit verrosteten Wohnwagen gepflastert, dafür zahlte man keinen Eintritt. Wieviel zahlt man eigentlich jetzt?
Die Gegend ist übrigens voll mit Serapias und Ophrys spp.

Zu den Uvarovitettix denke ich: Die von mir zu Ostern gesehene Generation (auf Krk) ist jetzt wohl tot. Die sind wahrscheinlich im Generationswechsel? Zu Ch. brunneus schreibt Bellmann, dass dieser bis Istrien von einem ähnlichen Ch. bornhalmi ersetzt wird. Vielleicht hast du ja den gesehen. Ich habe solche Typen mal vor Jahren bei Baska fotografiert, finde leider die Bilder von diesen über 30 Arten damals nicht mehr...

VG Wolfgang

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#9

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 07.06.2011 20:16
von Günther • 2.336 Beiträge

Hallo Wolfgang,

von bornhalmi hab ich schon mal was gehört glaub ich, da ist halt die Frage, wie man die beiden unterscheidet. Photo hab ich von keinem solchen Tier, also wird man das wohl nicht mehr eruieren können. Der Gesang war jedenfalls ein typischer brunneus, und wenn man die Dinger schon nicht am Gesang unterschieden kann, wie sonst?

Der Eintritt zum Kap beträgt pro PKW 20 Kuna, also ca. 3 €. Ist zu verkraften, meine ich.

LG,
Günther

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#10

RE: Istrien

in Beobachtungen außerhalb Österreichs 08.06.2011 07:35
von Toni • 490 Beiträge

Hallo!

Habe gerade geschaut, ob ich den Gesang wo habe. Nichts da.
Ein Schweinstier. Gesang aufbrausend "chrabda da chrabda da chrab da" (Erinnerung??). Wie brunneus langluegelig und bei Stoerung weiter fliegend als andere Chrothippen. Hinterleib bei Maennchen etwas roetlicher als bei brunneus.


Lg, Toni

Angefügte Bilder:
DSC00068 - Kopie.JPG
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