![]() |
|
Loicheck und Eisenstein mit Höhenrekorden
in Exkursionsberichte 20.08.2025 09:37von WSW • 1.048 Beiträge
Guten Morgen!
Hab gestern einen Wahnsinns-Exkursionstag in den Randalpen verbracht mit vielen tollen Sichtungen, darunter auch Heuschrecken
Hintergrund ist ein Projekt mit der Herbst-Wendelähre Spiranthes spiralis, die ich zwar gestern nicht finden konnte, aber ich wurde mit anderem entschädigt .
Man erreicht das Loicheck über das Pielachtal und einem Seitental mit der kleinen Ortschaft Loich. Dann fährt man über eine einspurige Bergstraße und ständigem Beten, dass kein Gegenverkehr kommt, bis hinauf zum Loicheck. Dort betritt man, noch im Schatten des Waldes vor einem Schranken parkend, ein Paradies: Mehrere Hektar Blumenwiesen, wo im Juni unvorstellbare 10000e Gymnadenien und einige Anacamptis pyramidalis stehen, welche Orchideen dort zuvor wachsen, weiß ich bis heute (noch) nicht.
Ich traf einmal den Besitzer mit seinem kleinen Traktor und tratschte mit ihm: Er macht das Ganze so, weil er es geerbt hat und es ihm so gefällt - düngerfreie Bewirtschaftung mit angepasstem Mähen. Sein Sohn wird es so weitermachen, hat er gesagt. Die alte Hube wurde restauriert, aber es wohnt anscheinend niemand permanent darin.
Ich fürchte, dass dort noch niemand eine Heuschreckenaufnahme gemacht hat, aber das wäre wohl ein Fehler.
Schon beim Schranken, der das Weiterfahren verhindert, aber auch Wald von Wiese trennt, fand ich die erste Heuschrecke - als Totfund von den randständigen Bäumen runtergefallen. Passt gut zum aktuellen Eichenschrecken-Aufruf:
Hier auf 850m werden die noch keine Probleme haben, denke ich. Ich habe die Flächen nach Spiranthes, aber auch Heuschrecken durchsucht.
Ein Teil der Loicheck-Flächen und hinten am Waldrand die Stelle mit der Eichenschrecke:
Ausblick zum Ötscher mit Rauem Kamm
Am Rand der Blumenwiesen befindet sich ein extensiv genutzter Holzlagerplatz mit schütterem Bewuchs auf Kalksplitt - idealer Lebensraum für Rohbodenbewohner. Schon am Weg dorthin wimmelte es von Oedipoda caerulescens. Ich dachte an den Vortag, wo ich endlich an meinem Heiligtum, der Filianwiese, auf der berühmten "Nase" die von Günther im Rahmen eines Projekts entdeckten Calliptamus gesehen hatte. Ich schärfte meine Augen und wirklich: Da saßen schon 2, ein ♂ und ein ♀! In der Folge kam nur mehr 1 weiteres ♀ unter den vielen Ödlandschrecken hinzu. Das Ganze auf exakt 887m lt. GoogleEarth, also ein persönlicher Höhenrekord. Aber sie sind jedenfalls dort! Sie breiten sich anscheinend jetzt in den Randalpen und überhaupt im Mostviertel aus.
So sieht das montane Ödlandschreckenhabitat aus:
Neuerdings fotografiere ich auch regelmäßig biguttulus und brunneus, um ein Gefühl für die Abgrenzung von eisentrauti zu gewinnen
Ich stieg dann nicht direkt den steilen Weg zum Eisenstein auf, sondern hatte auf der Karte gesehen, dass es hier eine Forststraße gibt, die sich in einigen Schleifen am warmen Südwesthang durch buchendominierte Wälder emporwindet - ein Glücksgriff.
In der Straßenböschung gab es trotz Sommertemperaturen sicher an die 100 Mauereidechsen, wenn man das ständige Geraschel mitrechnet, etliche konnte ich auch sichten. Zuletzt gelang mir doch noch ein Belegbild.
Am klebrigen Salbei konnte ich auch wieder die zerstörten Blüten finden, die diagnostisch für die Holz-Blattschneiderbiene Megachile ligniseca sind, die dort Pollen sammelt und Nektarraub betreibt. Schließlich fand ich auch eine dieser Bienen, schaffte aber kein scharfes Foto. Zuletzt erreichte ich nach Mittag die Alm an der Südseite des Eisensteingipfels. Man hat dort traumhafte Aussicht in die Berge der nordöstlichsten Alpen und trifft auf eine reiche Insektenwelt, die von der Exposition und dem Pflanzenreichtum profitiert. Hier leben Ringdrosseln genauso wie Neuntöter oder Dorngrasmücken. Ein kleines Schutzhaus steht am Gipfel mit 1185m Seehöhe.
Ich bin zuerst einmal in den Steilhang mit vielen Wollkopfkratzdiseln hineingequert und fand dort steppös wachsenden Schwalbenwurz-Enzian, den ich routinemäßig auf Bläulingseier checkte, obwohl ich an diesem Enzian noch nie welche gefunden hatte, und siehe da:
Da die Eier nur auf noch knospigen Pflanzen zu finden waren, mussten hier noch Imagines zu finden sein und nach längerem Suchen fand ich tatsächlich 2 ♂♂. Ein ablegendes ♀ war mir leider nicht vergönnt.
Der Clou war dann, dass zwischen den Schwalbenwurz-Enzianen auf engstem Raum genau nur 2, noch knospige Kranzenziane wuchsen, die ebenfalls belegt waren. Das bedeutet, diesen Bläulingen ist es völlig wurscht, welcher Enzian dort steht. Wenn er zur richtigen Zeit blüht, wird er belegt. Die Artbezeichnungen wie alcon, echter rebeli, unechter rebeli und all diese Spekulationen kann man vergessen.
Habitat, Schwalbenwurz-Enzian im Vordergrund:
Damit nicht genug: Etwas später fand ich an einer anderen Stelle genau 1 Kreuzenzian, schon längst verblüht. Ich inspizierte ihn genauer und tatsächlich: Auch er war voller Bläulingseier! 3 verschiedene Enziane an einem Tag in einem Habitat mit Bläulingseiern belegt vorgefunden - das hat wohl noch niemand geschafft. Es muss hier auf den riesigen Flächen natürlich noch mehr Kreuzenzian geben und diese Falter sind schon vor vielen Wochen geflogen, also ein anderer Ökotyp, aber sicherlich von derselben einen Art, wie Malicky schon in den 60er Jahren postulierte.
Nun aber zurück zu den Heuschrecken. Am auffälligsten sind die Massen von Psophus, die einem ständig um die Ohren knattern. Ansonsten das erwartbare Gerassel von biguttulus, auch recht viele lineatus, da und dort hört man apricarius. Nur je 1 Lauchschrecke und 1 Warzenbeißer. Raritätensuchen wird in dem Gewimmel häufigerer Arten schwierig. Auf Grund der Seehöhe versuchte ich hochgelegene Nachweise bestimmter Arten zu machen.
Oedipoda caerulescens fand ich wenige, der höchste war bei 1110m, ein persönlicher Höhenrekord:
Die Chorthippus biguttulus zeigen auch hier ihre typischen Subcostalfelder, abgrenzbar von eisentrauti, auch jenem von der Salza:
Schließlich aber der Coup - am östlichen Ende in Gipfelnähe sprang mir plötzlich ein weißgesichtiger Grashüpfer vor die Füße: Stenobothrus nigromaculatus!
Ich fragte mich, was der auf dieser doch stark bestoßenen Alm eigentlich macht? Nach meinen Befunden hasst der nigro Rinderbeweidung. Bald löste sich das Rätsel. Ich fand etwa 10 ♂♂ und 2-3 ♀♀ etwas weiter gipfelwärts in einer stark von Bürstling dominierten, eng begrenzten Fläche. Hier haben die Rindviecher nichts zu futtern, marschieren höchsten durch und zertrampeln nicht den Boden. Da konnte sich die kleine Population ganz lokal halten und genießt den Blick auf die Giganten der Nordostalpen von Schneeberg bis Ötscher sozusagen auf Augenhöhe, unmittelbar umgeben von Gebirgsfichten und Wollkopf-Kratzdisteln - und das auf sagenhaften 1150m Seehöhe, womit der bisherige österreichische Höhenrekord vom Heuschreckenatlas klar zertrümmert wäre, vorbehaltlich inzwischen ev. erfolgter Neunachweise natürlich.
Fotografieren war in diesem Pflanzendschungel kaum möglich, ich mühte mich fast eine Stunde und musste mich am Ende mit diesem einbeinigen, nicht sehr kontrastreichen Exemplar zufriedengeben.
Habitat, Bürstling im Vordergrund:
Als Ausklang vom Eisenstein noch diese kleine Andrena auf 1050m. Was macht die dort oben, noch dazu nach Mitte August? Konnte ich bisher nicht bestimmen.
Beim Abstieg im Wald dann doch noch eine Megachile ligniseca in action, sprich beim Nektarraub und damit beim Zerreißen der Kronröhre.
Für mich war es jedenfalls sehr unterhaltsam gestern, bleibt nur zu hoffen, dass sich jemand durch diese vielen Bilder, teils offtopic, durchkämpft...
VG Wolfgang

RE: Loicheck und Eisenstein mit Höhenrekorden
in Exkursionsberichte 20.08.2025 14:14von hospiton • 2.783 Beiträge
Servus Wolfgang,
schön, dass Du (hier) wieder so aktiv bist und noch dazu mit lauter "Knalleffekten"! Zu dem Loicheck kann ich nur sagen: erinnert mich in etwa an "meinen" Almesbrunnberg vor zweieinhalb Wochen oder die St. Oswald-Wiese vor einigen Jahren - man betritt unbekanntes Terrain und schon wird man überrascht, ganz im Gegenteil zu einer Aussage eines inzwischen verstorbenen Lepidopterologen, der - wenn man voll Stolz ankündigte, man wolle nach XY zum Leuchten fahren - keine bessere Wortspende parat hatte als: "wos erwortst da denn do?" (für alle Nicht-Wiener und dessen Umland: "Was erwartest Du Dir denn dort?"). Zu den bekannten Hotspots fahren eh alle, einfach mutig drauf los und keine Erwartungen haben lautet die Devise! Und dann auch noch Maculinea (oder inzwischen Phengaris 😪😫) finden! (Auf die Kontrolle der Kreuzenzianpflanzen auf dem obengenannten Berg habe ich leider vergessen - Schande über mich...). Also können wir gespannt sein, was noch alles auftaucht heuer bei solchen Exkursionen! Weiter so.
LG
Werner

RE: Loicheck und Eisenstein mit Höhenrekorden
in Exkursionsberichte Gestern 20:05von WSW • 1.048 Beiträge
Hallo Werner,
ich hab mir jetzt deinen Beitrag nochmals durchgelesen und stelle fest, dass wir tatsächlich eine recht ähnliche Exkursion unternommen haben. Nur haben wir überraschend unterschiedliche Heuschrecken gefunden.
Ich habe bei dem klebrigen Salbei nicht nur nach Blattschneiderbienen geschaut, sondern auch nach Leptophyes boscii, die sehr gerne Löcher in die Blätter des Salbeis fressen. Doch leider vergebens.
Dabei habe ich die das einzige Mal in Österreich vor vielen Jahren gar nicht weit weg im Traisental gesehen, auch am Salbei. Aber am Eisenstein sind sie offenbar nicht.
Aber in Summe habe ich mehr als genug gesehen, war richtig zufrieden mit der Exkusion. Überhaupt waren die letzten Tage voller Erfolge, was wohl der Grund für meine Beiträge hier sein wird

![]() 0 Mitglieder und 8 Gäste sind Online Besucherzähler Heute waren 150 Gäste und 2 Mitglieder online. |
![]()
Das Forum hat 2411
Themen
und
15313
Beiträge.
Heute waren 2 Mitglieder Online: Besucherrekord: 704 Benutzer (30.06.2025 11:19). |
![]() | Einfach ein eigenes Forum erstellen |