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Kärnten 2025

in Exkursionsberichte Heute 21:33
von Günther • 2.375 Beiträge

Hallo zusammen!

Da das Forum grad wieder ein bissl in Schwung kommt, sollte man dranbleiben! Daher nun ein Bericht über die letzte Woche in Kärnten. Über Pfingsten war ich heuer auch schon mehrere Tage wegen Tetrix tuerki unten, aber das wird vielleicht mal was Eigenes.

Der erste vollständige Tag war der Mittwoch (6.8.), da ging‘s – quasi zum Aufwärmen – wie auch in den letzten Jahren zum Hochobir. Bei meiner Ankunft hatte es bei Regen allerdings nur 13 °C, es hat aber dann aufgeklart. Den vier Karawanken-Arten (Poecilimon gracilis, P. ornatus, A. difformis und Ch. alticola rammei) gehts gut, sie sind noch da, alles in bester Ordnung;-).


Weibliche Antaxius difformis. Inzwischen ist sie ja in Ö keine reine Karawankenart mehr, da sie Maria in den letzten Jahren auch an zwei Standorten in den Karnischen Alpen gefunden hat. Wie weit sie dort vorkommt, ist in Kärnten eine der wichtigsten heuschreckenfaunistischen Fragen – und ein Erstnachweis für (Ost-)Tirol ist fast schon aufgelegt!;-)


Weibchen von Chorthippus alticola rammei – wohl eine meiner Top-3-Kärnten-Arten. Wie wir den mal mit dem parallelus verwechseln konnten...?


Weibchen von Poecilimon ornatus. Schauts Euch das mal an – die Ameisen scheinen tatsächlich den Hinterflügelrand anzuknabbern, in der Vergrößerung sieht man sehr gut, wie ausgefranst der ist. Außerdem war es da noch kalt, es hat geregnet und das Tier ist ganz kompisch auf der Pflanze gesessen (erkennt man auf dem Foto nicht gut). Irgendwas (Unerfreuliches) hat´s da...


Und der Vollständigeit halber noch die letzte Karawanken-Schönheit (woran wird Werner bei diesem Begriff wohl denken?:-)) – Männchen von Poecilimon gracilis. Es wirkt so, als würde die eh genauso ausschauen wie Poecilimon ornatus - aber weit gefehlt! Dieser aufgeworfene Sattel ist einfach grandios - sieht man allerdings in dieser Ansicht nicht gut. Vielleicht gehört Poecilimon gracilis auch zu meinen Top-3, das muss ich mir noch überlegen... ;-)

Am Abend hab ich noch einen kurzen Abstecher ins Finkensteiner Moor gemacht, wo Christian Komposch 2022 den dritten Kärntner Nachweis von Isophya modestior erbracht hat. Vermutlich, weil es schon recht spät im Jahr war, konnte ich nur 1 Sänger kurz im Detektor hören. Aber immerhin war auch Conocephalus dorsalis zugegen – ein neuer Fundort.

Der Donnerstag führte mich dann nach Osttirol. Zuerst bin ich auf den Ederplan (2.062 m) gewandert. Es handelt sich dabei um den westlichsten Ausläufer der Kreuzeckgruppe. Franz Werner schreibt 1934 in seinen "Beiträgen zur Fauna Osttirols", dass er am Gipfelplateau Anonconotus italoaustriacus (damals noch alpinus) fand. Für das Kärntner Buch war ich so verwegen und hab diesen Nachweis als den ersten für Kärnten angenommen, da die Grenze zwischen Osttirol und Kärnten genau entlang dieses Plateaus verläuft. Zu eruieren, ob sie tatsächlich auch auf Kärntner Seite vorkommt, war demnach das Hauptziel. Natürlich wäre es besser gewesen, das schon zu machen, bevor man das wo reinschreibt – aber alles ging sich halt nicht aus;-). Auch Inge Illich fand die Art 2016 auf diesem Berg, allerdings einerseits in nur sehr geringen Individuenzahlen und andererseits offenbar nur auf Osttiroler Seite. Hier die Situation: Links vom Zaun Osttirol, rechts Kärnten (am kleinen Gewässer halblinks flogen Aeshna juncea und Somatochlora alpestris).



Ich musste ständig an das Griechenland-Buch von Willemse et al. (2018) denken, wo sie bei jeder zweiten Art als beste Nachweismethode sowas schreiben wie "Trampling through the vegetation while looking for fleeing individuals":-)). Nachdem ich also gefühlt sämtliche Zwergstrauch-Gruppen des Ederplan-Plateaus durchtrampelt hatte, blieb es dennoch bei nur 1-2 Weibchen, und zwar hier im Vordergrund:





Diese Stelle liegt 52 m von der Grenze entfernt, auf Kärntner Seite wurde ich leider nicht fündig. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass sie dort auch ist oder zumindest mal war. Aber bei dieser extrem geringen Individuendichte ist es einfach schwierig, das nach einer einzigen Begehung mit Sicherheit zu sagen. Auch im Detektor blieb es stumm.

Für kurze Verwirrung sorgten gleich zwei verkümmerte Warzenbeißer-Damen – es gibt ja zB in Griechenland kurzflügelige Decticus-Arten...



Während der Gipfeljause waren drei Gänsegeier beim seelenruhigen Hochschrauben aus recht geringer Distanz zu beobachten. Vermitteln schon immer ein sehr erhebendes und beruhigendes Gefühl, diese Geier...

Nach dem Abstieg hab ich bis ca. 21.00 Uhr (länger ging´s nicht wegen Tettigonia etc.) das Pustertal mit dem Detektor nach Barbitistes obtusus durchsucht, was mangels Daten für die nahende neue Rote Liste unbedingt notwendig ist (Osttiroler Kollegen sind zu diesem Zweck ebenfalls unterwegs). Abgesehen vom bekannten Standort am Burgberg Heinfels (Panzendorf) fand ich sie im Pustertal an zwei weiteren Stellen. Vieles gäbe es von dieser Nachsuche zu berichten, aber das würde den Rahmen sprengen. Deswegen nur ein paar Habitatfotos. Auf den ersten Blick eigentlich ziemlich trivial und teilweise großflächige Neophytenfluren...





Spät in der Nacht gab es noch ein ein Highlight: Am Vorabend hatte ich mir am Bahnhof Arnoldstein ein Weinhähnchen eingebildet – was ich am nächsten Abend kontrollieren wollte. Weinhähnchen war zwar keines zu hören (erst am nächsten Abend), dafür trällerte tatsächlich eine Südliche Grille (Eumodicogryllus bordigalensis) aus dem Gleisschotter. Somit sind wir nun bei 96 Arten für Kärnten und die erste Desiderata-Art wurde bereits "erfüllt";-).

Am Freitag war die Millstätter Alpe dran, deren südwestlicher Ausläufer mit der Alexanderhütte und dem Tschierweger Nock ja einen Heuschrecken-Hotspot Kärntens darstellt. Daher wollte ich schauen, ob der südöstliche Ausläufer (Lammersdorfer Berg) auch so spannend ist – es gibt dort sehr schöne, blütenreiche und südexponierte Wiesen. Leider aber war es hüben nicht ganz so überragend wie drüben, wie ich feststellen musste (übersehen kann man aber natürlich immer was). Mit 18 Arten zwischen 1.600 und 2.100 m zwar nicht so schlecht, aber große Überraschungen wie O. haemorrhoidalis oder O. rufipes, die drüben beide oberhalb von 1.800 m vorkommen, blieben hier aus.


Blick vom Lammersdorfer Berg zu einem der Heuschrecken-Hotspots Oberkärntens – Tschierweger Nock mit Alexanderhütte.


Gipfel des Lammersdorfer Berges mit Steinmandl-Meer (dazu gibts eine Überlieferung;-)

Am Samstag bin ich dann mit zwei Herpeto-Freundinnen zunächst in die Schütt gefahren, weil sie Hornottern sehen wollten (ich auch – wer will das schließlich nicht:-). Es war an diesem Tag ziemlich heiß, aber wir konnten zwischen 9 und 10 Uhr tatsächlich ein juveniles und ein adultes Männchen finden. Vor allem das adulte war sensationell, wie es im Schatten so dalag – wir konnten es zu dritt aus 2–3 Metern Entfernung sicher 20 Minuten lang beobachten; als wir uns vorsichtig entfernten, lag sie immer noch da. Das ist wirklich der absolute Jackpot bei dieser Art, selten sowas erlebt...


In-situ und nicht gecropped! Wir waren mehr als entzückt!

Danach gings durch das Gailtal nach Westen, es stand die Kroatische Gebirgseidechse Iberolacerta horvathi in Rattendorf am Programm. Etwa um 11 Uhr war es schon sehr heiß, sodass am bekannten Platz nur ca. 25 Ex. zugegen waren (sowie eine riesige Äskulapnatter und mehrere Exuvien dieser Art; ebenso ein Exemplar von Zootoca carniolica, der Krainer Bergeidechse). Danach sind wir ein paar Stunden oben auf der Alm rumgewandert, und beim Runterfahren um 18.00 Uhr, als die Sonne schon weg war, waren es plötzlich 82 Tiere (und die riesige Äskulap war nach wie vor in ihrem Loch). Bisher dachte man, der Vormittag sei diese beste Zeit, um diese Art zu beobachten – zumindest an heißen Sommertagen scheint das aber nicht der Fall zu sein.
Genau dort hatten wir dann mitten im Nirgendwo eine (mehrfache) Autopanne und mussten 3 Stunden auf die Gelben Engel warten. Daher können wir noch weitere Zahlen liefern: 19.00 Uhr: 44 Ex. (und die riesige Äskulap), 19.45 Uhr: 11 Ex. (und die riesige Äskulap:-).


Die seltenste Eidechse Österreichs beim Vertilgen eines riesigen Hundertfüßers (vermutlich Eupolybothrus grossipes). Ob sie ihn runtergebracht hat, wissen wir leider nicht (hat sich dann mit ihm entfernt)...


Das beste Unterscheidungsmerkmal zur Mauereidechse an der Kopfspitze ließ sich fabelhaft studieren.


DIE riesige Äskulapnatter:-)


Suchbild – falls jemand Reptilien suchen möchte...

Trotz Autopanne (dadurch bleibt er wohl noch unvergesslicher;-) war es ein super Tag – danke an Janis und Alex!!

Der Sonntag war wegen des schwächlichen Ersatzreifens eingeschränkt, deshalb hab ich hier nur zwei leicht erreichbare Standorte aufgesucht. Zunächst die Trockenböschung unter der Autobahn bei Rosenbach, wo Clemens Schlosser 2024 eine gute Population von Pezotettix giornae entdeckte. Die Tiere waren schnell gefunden. Hab dann in der Umgebung an der Böschung und in erbärmlichster Hitze ein bissl weitergesucht und hatte Richtung Nordosten weitere Exemplare auf einer Strecke von insgesamt ca. 330 Metern. Weiter ist sie aber offenbar noch nicht gekommen. Allzu lang dürfte ihre Ankunft daher wohl nicht her sein, aber sicher schon mehrere Jahre.

Das zweite kleine Ziel war das "Sandbiotop Müllnern" südlich von Villach, wo ab 2019 an der Gail ein künstliches Flussufer mit einem Streifen Sand (flussnah) und einem Streifen Schotter (dahinter) errichtet wurde (hoffe, sie pflegen es ausreichend, sonst war´s das bald wieder...). Aufhänger ist offenbar die Kiefernsaateule (Agrotis vestigialis), die dort bereits festgestellt wurde. Hab mich recht gefreut, dort auch Chorthippus pullus zu finden (in Kärnten möglicherweise nur noch an der Gail zwischen Villach und Thörl-Maglern vorkommend) – zumindest mit 3 Ex. (2 W, 1 M). Sphingonotus massenhaft, insgesamt 12 Arten. Auf jeden Fall einen Besuch wert!

Hinten Schotter...


Vorne Sand (trotz großer Hitze noch feuchte Flecken!) – Fundort von Chorthippus pullus


Am Montag wurde in Villach das Auto repariert und anschließend ging´s zum Abschluss noch nach Friesach – allerdings eher als gemütlicher Ausklang, bei dem mir eine Freundin erzählt hat, dass das Hirter Bier seit kurzem deswegen ein neues Etikett hat, weil viele angeblich das "H" in der alten Schrift nicht gut lesen konnten. Wenn das wirklich der Grund ist - Gute Nacht, Österreich...

Das ist das alte...


Alle geplanten Ziele konnte ich letztlich nicht aufsuchen (Planänderungen, Panne etc.) – aber so bleibt wenigstens noch was für die nächsten Jahre. Als ob es nicht genug gäbe... ;-)


Viele Grüße,
Günther


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