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#1

Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 14.06.2021 22:21
von Thomas Z-K • 738 Beiträge

In Niederösterreich soll für eine Reihe gefährdeter Arrten, für die das Bundesland eine besondere Verantwortung hat, eine gezielte Auswahl von Wiesenflächen erstellt werden, wo dann Landwirten ein Angebot für eine den Ansprüchen der Art entsprechende Naturschutzpflege gemacht werden soll - ein sehr moderner Ansatz, den wir mit den Daten unserer Datenbank sowie gezielten Kartierungen unterstützen möchten. Neu hinzugekommen ist dabei die Wanstschrecke, der mit einem verspäteten Mähtermin sehr geholfen werden könnte. Ich habe nun am 9.6. und 14.6. - an sich zur besten Polysarcus-Zeit - die Randvorkommen am Nordwestrand des Wienerwaldes und im Nördlichen Alpenvorland von Sieghartskirchen über Böheimkirchen, Herzogenburg, St. Pölten und Loosdorf abgesucht, wo vor allem in den 1990er Jahren verbreitet Nachweise vorliegen. Leider konnte ich nur (mehr) an drei Stellen Wanstschrecken finden - am ehemaligen Truppenübungsplatz Völtendorf, am Wagram bei Stattersdorf sowie unweit davon bei Unterzwischenbrunn.
Die Lebensraumausstattung ist an sich nicht schlecht - viele ungemähte Glatthaferwiesen-Böschungen und ungemähte langgrasige Fettwiesen. Es stellt sich die Frage, ob ich wegen dieses ungewöhnlich kühlen Frühlings immer noch zu früh dran war oder ob es großflächig zu einem deutlichen Rückgang der Art in dieser Region gekommen ist. Jedenfalls wäre ich sehr dankbar über jede Wanstschreckenmeldung aus dem heurigen Jahr (bzw. auch über Nachträge) - v. a. von außerhalb des Wienerwaldes, der recht gut aktuell abgedeckt ist.
Liebe Grüße!
Thomas

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#2

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 15.06.2021 09:09
von hospiton • 2.720 Beiträge

Lieber Thomas,

sehr guter Ansatz! Mein Senf zu diesem Thema, der mir seit voriger Woche im Magen liegt: bei den Flächen in meiner Gegend bzw. auf meinem Fahrweg in die Arbeit (Riederberg, Flachberg) ist mir folgender, fataler Sachverhalt aufgefallen, dessen Auswirkung erst noch abgewartet werden muss: die Kombination kühler und feuchter Frühling und die nun prognostizierte Azoren-Hoch-Lage bweirkt, dass einerseits die Polysarcus noch nicht adult sind, die Wiesen aber schon sehr hoch sind, andererseits die Landwirte nun panisch mähen, weil "es könnte ja wieder schlechter werden, diese Tage muss man ausnützen"...

Soviel meine Bedenken und ich werde meine Ohren offen halten ;)!

LG

Werner


zuletzt bearbeitet 15.06.2021 09:11 | nach oben springen

#3

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 16.06.2021 08:11
von Thomas Z-K • 738 Beiträge

Lieber Werner!
Deine Gedanken sind mir auch gekommen beim rumfahren - optimale Mähbedingungen aber die Wanstschrecken gerade am Anfang der Balzzeit - eine fatale Kombination. Wir müssen hoffen, dass die Straßenmeistereien sich heuer mehr Zeit lassen, sodass möglichst viele Säume als Refugien bleiben..
Bei einer erneuten Befahrung gestern von St. Pölten nach Neulengbach konnte ich noch ein paar weitere dieser Randvorkommen bestätigen - aber es ist wirklich ein Wettlauf mit den Mähgeräten.
Überraschend exponiert waren am Bahnübergang Ollersdorf bei Neulengbach dafür auch schon Südliche Grillen am Zirpen.
Liebe Grüße, Thomas

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#4

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 16.06.2021 11:17
von hospiton • 2.720 Beiträge

Lieber Thomas,

heißt das, dass die auf Deiner Strecke schon adult sind? Muss ich heute gleich ohne Helm nach Hause fahren, um mehr zu hören ! Und, die Südliche dürfte dann die Westbahnstrecke brav westwärts wandern, nach Deinen Weidlingau-Wurzbachtal-Funden vor einigen Jahren hatte ich sie ja bald in Purkersdorf-Sanatorium, vor 2 Jahren dann Purkersdorf-Zentrum, dann hab ich sie nicht mehr weiterverfolgt...

LG

Werner


zuletzt bearbeitet 16.06.2021 11:17 | nach oben springen

#5

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 17.06.2021 09:34
von Günther • 2.336 Beiträge

Zitat von hospiton im Beitrag #2
...andererseits die Landwirte nun panisch mähen, weil "es könnte ja wieder schlechter werden, diese Tage muss man ausnützen"...

Machen sie das nicht eher wegen der erhöhten Brandgefahr in solchen Hitze-/Dürreperioden?

LG,
Günther

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#6

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 17.06.2021 13:54
von hospiton • 2.720 Beiträge

Zitat von Günther im Beitrag #5
in solchen Hitze-/Dürreperioden?

nun, heute ist der erste Tag über 30° (zumindest in meiner Ecke da, Du weißt, wie ich die nenne :)), da würde ich noch von keiner Dürreperiode sprechen, und eines meiner beiden noch existitierenden Gablitzer Vorkommen wurde letzten Donnerstag gemäht, wo sie für die beiden folgenden Nachmittage Gewitter angesagt haben, welche auch kamen, einmal sogar mit belagsbildendem Hagel! Also müssen da wohl - mir nicht nachvollziehbare - Gründe eine Rolle für diese "Panik-Atacken" gespielt haben!

LG

Werner


zuletzt bearbeitet 17.06.2021 13:56 | nach oben springen

#7

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 23.06.2021 08:57
von Thomas Z-K • 738 Beiträge

Nach drei Kartierungstagen im Bereich Sieghartskirchen - St. Pölten - Loosdorf kann ich berichten, dass die in den 1990er Jahren recht gut dokumentierte, dem Wienerwald und den Voralpen vorgelagerte Wanstschrecken-Population immer noch existiert! Ich hatte ja, nachdem es lange keine Nachweise mehr aus den meisten Bereichen gab, schon ein wenig Sorge gehabt. Die Vorkommen sind aber alle ziemlich inselartig verteilt und durchwegs nur in geringer Dichte besetzt - wahrscheinlich sind auf einer guten Wiese im zentralen Wienerwald mehr Sänger als in dem ganzen Vorfeld... Es war für mich erstaunlich, wie viele kleine Fettwiesenreste es in dieser Ackerbaulandschaft noch gibt - den Reitställen sei Dank, denn ohne die Pferde und ihre Vorliebe für eher spät gemähtes Heu gäbe es die Wanstschrecken hier wohl nicht mehr. Und die ganzen Straßenraine und Böschungen sind ebenfalls erst spät und vielfach nur teilweise gemäht, sodass es kilometerlange Wander- und Ausweichkorridore gibt. Ich war dann noch im Bereich westlich des Wienerwaldes um Kasten, wo es ja endlose grüne Wiesenhänge gibt, aber die sind zur Wanstschreckenzeit bis auf das letzte Futzi niedergemäht und auch die Straßenränder sind alle flach - trotz 100 % Grünlandanteil war da keine einzige Wanstschrecke...
Liebe Grüße, Thomas

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#8

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 30.06.2021 11:51
von hospiton • 2.720 Beiträge

Danke Thomas für Deine Berichterstattung, ich kann da kein so positives Bild zeichnen: gerade einmal der Riederberg ist aus dem fahrenden Auto heraus bzw. bei einem kurzen Mopedstop, allerdings spätnachmittags, gut besetzt gewesen, und eine Wiese wird in den letzten Jahren wirklich brav erst ziemlich spät im Jahr gemäht (ich vermute da wohl eine Förderung dahinter!), die anderen wurden ziemlich genau zur beginnenden Adult-Zeit abgemäht, eine ist sogar vor einigen Jahren (nach unserer Wienerwald-Kartierung) in eine Kirschbaum-Wiese umfunktioniert (vermutlich gegen sie Schneeverwehungen?) worden. Am Flachberg habe ich heuer nichts gehört, sind größtenteils auch nur mehr die Straßenränder ungemäht geblieben. Und ganz schlimm ist es bei mir zu Hause, das sind die letzten beiden Stellen, welche noch besetzt waren, heuer stumm (auch wieder zu früh gemäht, zwei Riesenflächen wurden nach der Mahd gleich mit Jauche bespritzt - das Aus für Polysarcus!), lediglich eine ca. 500 m² Wiesenfläche ist bis heute noch nicht gemäht, aber da hört man auch nichts singen. Und die 2. Stelle, bei einem Rückhaltebecken, wäre zwar noch ungemäht, aber da habe ich auch nichts mehr gehört (möglicherweise sind ja die ungeraden Jahre eher die schlechten in Gablitz, das muss ich mir noch in den Daten ansehen). Und am Tag der Artenvielfalt heuer in Eichgraben war ich überhaupt entsetzt über den Zustand vieler Wiesen, welche auch im ungemähten Zustand sehr "verwahrlost" wirken, extrem hohes Gras, sehr blüten- und artenlos. Mal sehen, wie es in den kommenden Jahren weiter geht!

LG

Werner


zuletzt bearbeitet 30.06.2021 11:53 | nach oben springen

#9

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 25.07.2021 16:14
von Sebastian Zinko • 2 Beiträge

Ich kann Daten zu Wanstschrecken aus der Steiermark beisteuern: Meine Eltern besitzen ein Wochenendhaus am Ortsrand von St. Wolfgang am Zirbitzkogel in den Seetaler Alpen, wo ich in den letzten Jahren mehrmals im verlängerte Wochenenden im Mai/Juni sowie den Sommerurlaub im Juli verbrachte. Seit etwa 2016 befasse ich mich, angeregt durch Willi Stani, auch mit Heuschrecken. Während mir in den Jahren 2017-2019 in und um St. Wolfgang am Zirbitzkogel nie Wanstschrecken auffielen (die Art kommt im Bereich der Seetaler Alpen gemäß dem Heuschreckenatlas aber verbreitet vor), waren diese im Mitte (12.- 24.) Juli 2020 hier sehr auffällig. Ich konnte durch gezielte Nachsuche auf einer zusammenhängenden Fläche von ca. 3 ha (einmal jährlich gemähte, naturnahe Wiesen in zwei Wochenendhausgärten, seit ein paar Jahren nicht mehr gemähte Wiesenbrache, extensiv bewirtschaftete Fettwiesen) mindestens 16 Männchen und 6 Weibchen zählen. Die Wanstschrecken waren an allen warmen Tagen insbesondere am Vormittag sehr aktiv und leicht zu finden. Auch auf den Fettwiesen zwischen Warbach und St. Wolfgang am Zirbitzkogel fand ich an zufällig gewählten Punkten fünf Männchen entlang der Straße.
Heuer war ich ebenfalls von 13.- 23. Juli in St. Wolfgang am Zirbitzkogel. Ich war gespannt, ob die Wanstschrecken wieder so auffällig wie letztes Jahr sind. Dem war nicht so, ich konnte auch unter günstigen Witterungsbedingungen lediglich an einem Tag vier männliche Wanstschrecken finden, an den anderen Tagen war - auch unter günstigen (warm, windstill, Sonnenschein) Bedingungen nichts zu hören oder zu sehen. Anscheinend hat diese Art heuer überregional ein schlechtes Jahr? Hinsichtlich der Habitatstrukturen hat sich von 2020 auf 2021 in St. Wolfgang definitiv nichts verändert.

Liebe Grüße,

Sebastian


zuletzt bearbeitet 25.07.2021 16:14 | nach oben springen

#10

RE: Wo sind die Wanstschrecken?

in Beobachtungen in Österreich 27.07.2021 10:24
von hospiton • 2.720 Beiträge

Hallo Sebastian!

Nun, da kann man nur mutmaßen: aber nachdem sie letztes Jahr dort auffällig häufig waren würde ich Dich nächstes Jahr dort hinschicken, da dann die Nachkommen der 2020er Population erscheinen sollten (2 malige Eiüberwinterung!). Heuer sollten hauptsächlich die Nachkommen der 2019er Population herumkriechen, also muss es nicht unbedingt mit einem "schlechten" Jahr heuer zu tun haben. Bei uns in NÖ war eher das Problem, wie unten geschildert, die Kombination mit kaltem Frühjahr und dadurch späterer Larvalentwicklung und einem dennoch frühen Mähtermin, welcher für die trägen Tiere meist letal endet...

LG

Werner


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