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#1

Mauerwespe Sceliphron destillatorium in meinem Garten

in Diverses & off-topics 06.08.2020 23:05
von WSW • 1.034 Beiträge

Hallo,

wieder mal ein off topic-Beitrag von mir. In den letzten Wochen wurden meine beiden Parzellen ja geradezu überschwemmt von sensationellen Nachweisen, diverse Artenlisten haben sich erweitert, nicht allerdings die Heuschrecken. Die Ursache für diese Nachweise ist weniger lustig und liegt in orthopädischen Problemen meinerseits

Das spektakulärste Tier dieses Sommers war eindeutig die zu den Grabwespen gehörende Mauerwespe Sceliphron destillatorium. Ein Tier konnte ich über eine Woche fast täglich auf den Blütenschirmen diverser Bärenklaupflanzen verfolgen. Dann kam das Schlechtwetter und ich hätte das Kapitel eigentlich abgeschlossen. Aber heute saßen 2 neue Exemplare auf den Dolden!



Folgendes habe ich herausgefunden. Die Art ist in Österreich auch gemäß neuer Literatur als selten eingestuft und kommt in Südeuropa vor. Exotische Verwandte sind hier auch eingewandert, so z.B. die bekannte Orientalische Mauerwespe mit ihren auffälligen Tontöpfen.
Hat vielleicht jemand von euch dieses Tier schon mal gesehen und kann zu seinem aktuellen Vorkommen was sagen?

Einen erfreulichen Neuzugang für meine Gartenliste hat es übrigens heute auch gegeben mit 2 Exemplaren von Zygaena carniolica.



Neue Bilder der in den letzten Tagen als 8. Blattschneiderbienen-Art festgestellten Megachile pilicrus sind mir heute auch geglückt. Die Art ist oligolektisch an Disteln und Flockenblumen zu finden:



Megachile pilicrus ist an folgenden Merkmalen zu erkennen: Eine auffallend dunkle Art und unter diesen die größte. Die Bauchbürste ist fast durchgehend orange und verdunkelt erst am letzten Sternit. Die Querbinden am Hinterleib sind außen auffallend breit, verschmälern sich aber stark zur Mitte hin. Ich habe diese mühsamen Blattschneider in letzter Zeit knacken können und bisher 8 Arten auf meinen Grundstücken finden und bestimmen können.



M. pilicrus ist eine eigentlich südliche Art, die sich aber im Pannonikum ausgebreitet haben dürfte, jedoch schon in OÖ und Deutschland fehlt. Also keine schlechte Art für meinen Garten.



Zum Abschluss doch noch eine Heuschrecke: Endlich ist heute eine adulte Phaneroptera falcata aufgetaucht. Wenn ich davon ausgehe, dass die zahlreichen, noch sehr kleinen Larven der letzten Zeit aus meiner Gartenparzelle wieder zu Ph. nana werden, dann sind immer noch beide Sichelschrecken bei mir vertreten.



Wie die zunehmende Artenfülle in meinem Garten zustande gekommen ist, können Interessierte übrigens hier nachlesen: Ökologische Gartengestaltung - ein möglicher Weg

VG Wolfgang

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#2

RE: Mauerwespe Sceliphron destillatorium in meinem Garten

in Diverses & off-topics 08.08.2020 00:27
von Lorin • 122 Beiträge

Ganz wunderbar sind deine Beiträge immer, Wolfgang. Vielen Dank dafür!
Gerade auch die 'off-topic'-Themen, die das Blickfeld auf andere Tiergruppen erweitern sowie Naturschutzaspekte beleuchten, erachte ich als sehr wertvoll.

Mit einem Innenstadtgarten lässt sich dein Paradies natürlich nicht vergleichen, und so war ich heuer schon froh, endlich mal Besuch von einer Sceliphron curvatum zu bekommen (die Fotos sind grottig und werde sie nicht herzeigen), aber von ihrer gelben Schwesternart kann ich hier vorerst nur träumen. Immerhin existiert seit 2 Jahren eine Baulücke nebenan, auf der sich ein schönes Stück Stadtwildnis entwickelt hat, die anscheinend auch etwas auf den eigenen Garten ausstrahlt (so konnte ich heuer eine höhere Wildbienen-Diversität feststellen, was meiner Meinung nach unmittelbar mit der Baubrache zusammenhängt). Leider ist für Herbst der Baubeginn angesetzt .
Immerhin >100 verschiedene Blütenpflanzen haben sich in der kurzen Zeit angesiedelt (im Flora-Austria-Forum gibt es dazu einen kleinen Beitrag), 3 Bläulingsarten und 12 andere Tagfalterarten konnte ich bisher dokumentieren, wie auch ebensoviele Heuschreckenarten (als 15. Art ist gestern Conocephalus fuscus hinzugekommen). Obwohl gut geeignet als Habitat, hat Oedipoda die Fläche bisher nicht gefunden - oder ich sie nicht. Vielleicht wird's ja noch was...

Manchmal kommen, neben Bernsteinschaben, auch andere Besucher ins Haus und interessieren sich für das Literaturangebot.



Einen schönen Sommer und dir, Wolfgang, hoffentlich bald wieder einen größeren Aktionsradius ohne große Beschwerden!

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#3

RE: Mauerwespe Sceliphron destillatorium in meinem Garten

in Diverses & off-topics 09.08.2020 19:08
von WSW • 1.034 Beiträge

Besten Dank für das Lob, Lorin!
Natürlich ist es mir immer ein Anliegen, für den wirklich naturnahen Garten zu werben. Wie sich bei mir zeigt, können die Siedlungsgebiete letzte Ökoinseln und Trittsteinbiotope in der von Intensivlandwirtschaft und Bodenversiegelung geknechteten Landschaft sein. Leider ist es bei den von dir gezeigten Stadtbiotopen so, dass sie fast immer kurzfristiges Bauerwartungsland darstellen. Aber auch bei mir ist es nicht viel anders. Die Gemeinde hat rundherum wieder alles in Siedlungsgebiet umgewidmet, wobei es faktisch keine Infrastruktur für die vielen Häuser gibt. Und selbst meine beiden Grundstücke werden in dieser Form nur so lange existieren, solange ich hier noch die Pflege in die richtige Richtung lenken kann.

Momentan könnte ich nicht einmal die akut notwendigen Pflegemaßnahmen setzen, geschweige denn, die 2. Parzelle im Herbst mähen. "Schuld" daran war gestern die Zahntrost-Sägehornbiene (einfacher gesagt Melitta tricincta) in Melk. Die Fotografiererei hat wieder zu postoperativen Schmerzen und zu einem geschwollenen Zehengelenk geführt. Dabei hätte es dort noch eine Menge Heuschrecken und Schmetterlinge zu fotografieren gegeben, aber in der Bodenzone funktioniert das momentan überhaupt nicht. Man merkt, wie schnell es geht, dass man aus der gewohnten Bahn geworfen werden kann.

Aber zurück zum Garten: Das hier Gezeigte ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Ich hätte z.B. nie geglaubt, dass ich gerade auf meinem Grundstück meine erste Hosenbiene (Dasypoda hirtipes) finden werde. Noch dazu ein recht gut erhaltenes Exemplar, das sich auch brav fotografieren ließ.



Ein Stammgast in meinem Garten hingegen ist die eindrucksvolle Blattschneiderbiene Megachile lagopoda, die im pannonischen Osten zwar "mäßig häufig" ist (H. Wiesbauer), sonst generell in Mitteleuropa zu den sehr seltenen Arten gehört. Ich habe über 10 Jahre gebraucht, um die zu identifizieren. Aber heuer wurde es mir zu blöd und ich habe alle verfügbaren Infos zusammengetragen. Und eigentlich ist es gar nicht so schwierig. Schon die Bulligkeit und Größe gibt einen Hinweis, auch die gleichmäßig geschorenen Mesosoma-Haare und diese auffällige Zweifarbigkeit des Mesosomas. Schlussendlich kann man sie von der sehr ähnlichen seltenen M. maritima durch die anliegenden Haare am 6. Tergit unterscheiden, was man sogar auf diesem eher schlecht auflösenden Foto noch gut erkennen kann.



Sehr eindrucksvoll diese Biene auf der Wiesen-Flockenblumenblüte. Leider sind heuer nur wenige aufgetaucht und jetzt, wo endlich die Disteln richtig blühen, sind seit 2 Tagen keine mehr zu sehen.

Zuletzt noch die oben erwähnte Zahntrostbiene, eine ziemlich seltene Art. Ein Unternehmer hat in Melk erst vor ein paar Jahren seinen Betriebs-Hintaus von KBÖ gestalten und sehr pannonisch einsäen lassen. Was auf dem kargen, sandigen Boden unglaublich funktioniert hat - eine Fülle von Blüten und Insekten!
Es war auch sehr viel Zahntrostsamen dabei - und schon war auch die Biene da, unglaublich. Auch die Raritäten Malven-Langhornbiene und Goldene Langhornbiene habe ich dort schon nachweisen können. Ich würde nächstes Jahr dort noch weitere Raritäten erwarten, ja wenn nur mein Zehengelenk bis dahin wieder halbwegs mitmacht. Ansonsten muss ich mir ein anderes Hobby suchen...



Aber damit genug mit den Bienen, schönen Urlaub und Restsommer noch!
Wolfgang


zuletzt bearbeitet 09.08.2020 22:51 | nach oben springen


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