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Lauchschrecke wirft alle ökologischen Schranken über Bord

in Exkursionsberichte 18.08.2018 12:00
von WSW • 1.034 Beiträge

Servus,

ich war vorgestern wieder mal im Hochkargebiet unterwegs, ein bisserl Alpenluft schnuppern.
Ich habe diesmal den Massentourismus zügig verlassen und bin auf dem "Alpinweg" (Richtung Dürrenstein und Ötscher; wird wegen der Entfernungen sehr wenig begangen) in Richtung der Schmalzmauer marschiert, die mit 1760m sicher unter den 10 höchsten Gipfeln NÖ´s rangiert, wo ich aber bis dato noch nie war.

Anfangs hat mich noch eine Familie überholt, den Rest des Tages war ich dort mehr oder weniger allein, kaum zu glauben in dieser Nähe vom Hochkar. Ein echter Geheimtipp!

Die Heuschrecken bringen wir schnell hinter uns, es gibt nämlich fast keine. Ein paar viridulus haben getickt, 1 braune Metrioptera brachyptera und einige Miramella alpina, das war´s. Aber dann bei der Schmalzmauer auf ca. 1680m saß plötzlich 1 ♀ der Lauchschrecke in einer besonnten, langgrasigen subalpinen Flur. Gut, in Tirol hab ich sowas auch schon erlebt in der Höhe, aber jetzt gehen die in NÖ auch schon bergsteigen?



Unmittelbar daneben, als Nachbar gleichsam dieses Tier, von dem ich auch schon geglaubt habe, ich werd ihm kaum noch mal begegnen:



Und ein weiterer Nachbar in dieser Höhenlage, der Hochalpen-Perlmutterfalter Boloria pales:



2 Apollos sind da übrigens auch noch herumgeflogen, waren aber kamerascheu. Mein Hauptziel waren aber die Berghummeln, die sind ja jetzt "in", im Zeitalter, wo Maria Zacherl die Raritäten nur so aus den Büschen klopft und sogar der ORF über diese Funde berichtet

Also die eindrucksvollste Hummel dort oben, das ist sicherlich die Gerstäcker- oder Eisenhuthummel Bombus gerstaeckeri. Ich hab noch nie soviele Gerstäckerhummeln gesehen wie vorgestern und es waren sogar mehr, als ich bisher überhaupt zusammen gesehen hatte. Ich schätze, ich habe etwa 80 gesehen, ich war aber natürlich nicht überall, wo Eisenhut steht. Bis etwa 1700m jedenfalls sind die überall, wo auch nur ein paar Aconitum napellus-Pflanzen gestanden sind, geflogen. Die Art ist ja als einzige heimische Hummel oligolektisch und besucht nur Eisenhut-Arten.

Das könnte ev. ein Drohn gewesen sein:



Die sammelt und ist definitiv kein Drohn:



Nicht selten, aber umso hübscher ist doch dieser Distelhummel-Drohn Bombus soroeensis:



Aber das Highlight war dann an der Nordflanke der Schmalzmauer bei etwas über 1600m ein Höhenhummel-Drohn Bombus sichelii, den ich vom Steig aus auf einer Ringdistel-Blüte erspähte. 3-maliges Anpirschen war aussichtslos, die schwirren ab wie Pfitschepfeile. So hab ich mich direkt neben der Blüte auf die Lauer gelegt. Und tatsächlich ist er nach ein paar Minuten noch ein 4. Mal aufgetaucht und hat dieses Sicherheitsfoto aus etwas Entfernung erlaubt:



Meine 2. sichelii-Beobachtung in den nö. Alpen! Die Art ist in NÖ ungefähr so selten wie Bombus pomorum, aber in den Zentralalpen sehr häufig.

Recht selten auch trifft man Bombus mucidus, die Grauweiße Hummel, aber im Hochkargebiet zumindest fliegt sie regelmäßig, wenn auch nicht individuenreich. Hier eine noch frische Arbeiterin mit gelblichem Abdomen:



Die können schon was, die Hummeln, zu lange habe ich die links liegen gelassen und viel Zeit in die Heuschrecken, Libellen und Schmetterlinge gebuttert...

Hier noch ein Blick zurück auf die Schmalzmauer mit ihren für nö. Verhältnissen schon recht eindrucksvollen Felswänden. Man erkennt auch den Steig, neben dem sich die B. sichelii aufgehalten hat:



Dann mein Wendepunkt, dort wo man herrliche Rundumblicke zum Hochschwab, zur Kräuterin, hinunter ins Lassingbachtal nach Rotwald, aber auch hinaus zum Donautal und ins Waldviertel hat - ein Traum!

Hier geht der Blick über einen unbekannten Gratzacken zum Ringkogel (links setzt die Schwarzalm an) und weiter zum Chef der Szenerie, dem Dürrenstein (1878m) und seinem Wildnisgebiet.



Zum Schluss noch was Botanisches: Ich hab mich sehr gefreut, wieder einmal Saussurea discolor, die Zweifarbige Alpenscharte, auf den Felsköpfen neben dem Steig zu sehen. Leider waren sie schon alle verblüht, doch am schattigen Wandfuß eines Felsblocks hab ich doch noch einen blühenden Teilblütenstand erhascht:



Soviel von einer wirklich netten Wanderung zu einem der unbekanntesten Gipfel Niederösterreichs.

VG Wolfgang


zuletzt bearbeitet 18.08.2018 12:14 | nach oben springen


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