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#11

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 21.10.2012 19:56
von WSW • 1.034 Beiträge

Hallo Toni!

Bestens analysiert, der biguttulus. Der stammte allerdings aus meinem Garten im südlichen Waldviertel. Und selbst wenn´s eisentrauti regnet, bleibt es da bei biguttulus .

Das Tier von der Lassing haben wir hier schon mal abgehandelt. Es fiel durch seine kräftigen orangen Farben auf, auch der Gesang erschien mir im Vergleich eisentrauti-artig. ich hab damals sogar Günther angerufen und ihm erzählt, dass ich eisentrauti habe! Hab ihn aber nicht erwischt und nur suboptimal fotografiert.

Im übrigen waren alle aufgenommenen Gesänge lupenreine Spotangesänge, was einiges an Geduld fordert.

Sekundenzählen usw. halt ich nicht sehr viel davon, alles variabel, individuell und regional abhängig. Auch z.B. die Anzahl der Verse ist bei eisentrauti variabel. Tatsache ist, wie auch die Schweizer schreiben, dass beide Formen öfters einen ganz kurzen Auftaktvers liefern, was man auch bei meinen Aufnahmen nachvollziehen kann. Die zählen quasi nicht mit.

Das einzige, woran man eisentrauti m.M. nach festmachen kann, ist die Klangfarbe. Er klingt etwas weicher und auch höher. Allerdings kann man das nur im Vergleich von Aufnahmen sicher heraushören; wenn man im Gelände sich so einem eisentrauti-Platz nähert, hört sich das eigentlich genauso an, wie wenn man zu einer x-beliebigen biguttulus-Wiese kommt. Das ist mir dann für eine Art-Unterscheidung eigentlich zu wenig.

Zum Ötscher wäre zu sagen, dass dort Franz Ressl über Jahrzehnte faunistisch tätig war. Seine Heuschrecken landeten dann bei Kaltenbach. Da ist jedenfalls kein eisentrauti herausgekommen. Was an sich noch nichts sagt, bei diesen toten Grashüpfern ist nicht immer nur das Richtige herausgekommen. Allerdings deutet es drauf hin, dass die physiologischen Unterschiede biguttulus/eisentrauti so gering sind, dass sie nicht zu erkennen waren.

Ich frage mich überhaupt, wieso eigentlich dieses klassische Südalpen-Taxon nun ausgerechnet in den unwirtlichen Nordostalpen so weit nordwärts vorrücken sollte - da stimmt doch was nicht??
Und wie ist es möglich, dass 2 so ähnliche "Arten", die sich auch im Gesang kaum unterscheiden, kleinräumig auf einem Berg nach Habitaten getrennt vorkommen? Normalerweise sollten die sich doch räumlich ausschließen? Da war das bisherige Konzept - eisentrauti südlich des Alpenhauptkamms (oder sogar noch südlicher) statt biguttulus - jedenfalls glaubwürdiger .

Aber vll. können DNA-Analysen Klarheit bringen? Ein wie ich meine ganz guter Tipp ist: Solche schwierigen arten immer erst mal an Originalschauplätzen studieren, das hat sich z.B. bei a. alticola sehr bewährt. Da wurde ja auch schon mit Vorkommen in Ö spekuliert. Aber zumindest die Männchen haben mit Ch. parallelus kaum Ähnlichkeit, weder gesanglich noch strukturell...
Und: Sekundenzählen macht sich hier bezahlt!

VG Wolfgang

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#12

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 21.10.2012 20:42
von Toni • 490 Beiträge

Hallo Wolfgang!

Ich sage ja nicht, dass am Ötscher eisentrauti vorkommt. Ich sage nur, dass hier Potentiale für eisentrauti zu erwarten sind.

Deine Gesangsaufnahme vom Lassingbach klingt wie ein Hybrid, ohne genau zu wissen wie Hybride aus eisentrauti und biguttulus klingen sollten. Ein reiner eisentrauti ist es nach dem Gesang meiner Meinung nach nicht (Verslänge und ansteigender Gesang).
Von der Klangfarbe unterscheiden sich eisentrauti und biguttulus. Oft wird gesagt, eisentrauti klingt metallisch. Ich würde es als hart bezeichnen, während biguttulus weich schmetternd klingt, eisentrauti ist schwirrend oder ratternd, während bei biguttulus der Vers ansteigt, ist er bei eisentrauti nicht, fast nicht oder selten leicht ansteigend (vgl. Roesti & Keist).
Wie variabel die Verse innerhalb einer Strophe klingen können, zeigen Roesti & Keist. Die Verse sind bei eisentrauti jedoch nie deutlich länger als 2 Sekunden. Bei biguttulus ist der erste Vers immer mindestens 2,5 Sekunden bis über 4 Sekunden lang.
Im übrigen analysiere ich meine Gesangsaufnahmen mit Programmen um nachfolgend ein Sonogram zu erhalten. Das ist eine übliche Methode um Gesänge zu vergleichen. Aktuell habe ich kein Programm für Videos. Die Fotokamera hat mittlerweile aber ein excellentes Microphon eingebaut. Analysen von Tonaufnahmen mit Gesängen aus dem Vorjahr mit mp3-Player ergaben von anderen eisentrauti-Populationen der Steiermark gleiche Ergebnisse wie mit der Kamera. Das Stoppen der Dauer der Verse mit einer Stoppuhr beim Abspielen eines Videos ist sehr genau (+/- 5/100 Sekunden).

Ob etwas auf einen Berg von jemanden gefunden wird oder nicht, hat wenig Aussagekraft.

Man denke nur an Aeropedellus oder Podismopsis.

Zur These, dass eisentrauti nur auf der Alpensüdseite vorkommen soll, möchte ich anmerken: Eine These bleibt so lange aufrecht, bis sie widerlegt wird.
Nur wer Ch. eisentrauti in den Nordalpen in geeigneten Habitaten sucht, was meist hohen körperlichen Einsatz erfordert, wird diese Art in den Kernpopulationen als reinen Ch. eisentrauti finden. Offensichtlich hat das kaum jemand getan, weil es einfacher ist sich bequem in den Sessel zu lehnen.

LG, Toni


zuletzt bearbeitet 21.10.2012 21:07 | nach oben springen

#13

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 21.10.2012 21:05
von WSW • 1.034 Beiträge

Also vom Insessellehnen halte ich bekannterweise ja gar nix . Nur ist meine beste Zeit diesbezüglich leider schon vorüber - trotzdem wurden auch heuer wieder wilde Aktionen getrieben in den Bergen, die körperlich das letzte abverlangten .

Auch mein Programm produziert übrigens Sonogramme, die Frage ist dann die Interpretation, da fehlt´s mir an Erfahrung. Jedenfalls - die Sonogramme der beiden alticolas sind deutlich verschiedener als von diesen beiden biguttulus, vor allem von der Länge her. Dort hat aber Nadig den Gesang nicht einmal in seine Ausführungen miteinbezogen.

Persönlich glaub ich nicht, dass das Tier im Lassingtal ein Hybride sein konnte. Der Gesang unterscheidet sich zu stark von den eisentrautis in Kärnten und Italien. Wobei man immer auch berücksichtigen muss, wie nahe man mit dem Aufnahmegerät dran war. An der Lassing war ich sehr nahe dran.

Für mich bleibt eisentrauti versus biguttulus eine sehr schwierige Sache (wo ich im geheimen auch den Artstatus mehr oder weniger anzweifle), aber wie immer sind wir schon sehr gespannt auf deine endgültigen Ergebnisse!

VG Wolfgang

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#14

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 21.10.2012 21:11
von Toni • 490 Beiträge

Lieber Wolfgang!

Du setzt dich auch nicht bequem in den Sessel, wenn du die "140igste" und letzte Art Österreichs gefunden hast.
Die Chorhippus alticola-Angelegenheit betrachte ich auch nicht als gegessen. Auf jeden Fall sollte man den Unterartstatus rammei nicht weglassen.

Kannst ja auf Spuren Nadigs alles noch einmal aufrollen. Irgendwann wird es die Genetik klären, weil es so spannend ist.

LG, Toni


zuletzt bearbeitet 21.10.2012 21:12 | nach oben springen

#15

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 21.10.2012 21:25
von WSW • 1.034 Beiträge

Ha, während ich deinen letzten Beitrag erhalte, hab ich grad wieder Nadig´s alticola-Arbeit in Händen! Nein, Nadigs Ergebnisse kann man nicht aufrollen, er hat alles in perfekter Art an größeren Serien vermessen. Man kann diese Ergebnisse höchstens ergänzen und das Ganze dann neu bewerten. Das werde aber nicht ich machen, da müssen bessere ran .

140 Arten gibt´s schon? ich dachte 128. Egal, ich bin nicht auf der Jagd nach allen, ich habe auch nicht alle Libellenarten - ja eine wurde heuer sogar vor mir geheimgehalten .

Bei den Nachtfaltern gibt´s noch tausende neue Arten für mich zu entdecken, bei den Wildbienen hunderte...

VG Wolfgang

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#16

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 21.10.2012 21:43
von Toni • 490 Beiträge

Lieber Wolfgang!

Schmunzeln kann ich nicht zurückhalten, meine Verkühlung schmerzt.
Auch wenn die Analysen von Nadig, dem besten Kenner der Alpenfauna, umfangreich und brilliant erscheinen, kann etwas schief gelaufen sein.

Nadig lag offensichtlich mit seinen Analysen betreffend z. B. Miramella irena von den Randalpen der Ostalpen ganz daneben.
Aber auch wir Österreicher, die die Tiere vor unserer Haustüre (Hausberge) haben, wissen immer noch viel zu wenig, um das mit letzter Gewißheit behaupten zu können. Die Aufklärung der Taxonomie des Miramella-Komplexes in den Alpen und als Ganzes steht nach wie vor aus. Das geringe Interesse an diesem Thema überrascht mich persönlich, weil ihre Aufklärung zu einen besseren Verständnis der Auswirkungen von Klimaschwankungen beitragen könnte.
Und das Thema Klima ist ja nun das Thema in der Umweltpolitik überhaupt.


LG, Toni


zuletzt bearbeitet 21.10.2012 21:44 | nach oben springen

#17

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 21.10.2012 21:53
von WSW • 1.034 Beiträge

Okay, theoretisch kann er sich bei den Chorthippen ja vermessen haben...
Trotzdem hat er einiges geleistet in den Südalpen. Bei den Miramellas kann ich nicht mitreden, in meiner range scheint es nur alpina zu geben und die häufig - langweilig!

Ja, die Flügelbilder hab ich ausgegraben, da braucht man aber nicht weit graben, der Beitrag ist noch immer auf der ersten Seite:

Südalpen mit Flügelfotos

der Lassingbach/Taleralm-Beitrag ist einige Seiten weiter hinten. Dort ein Foto des fraglichen Tiers.

VG Wolfgang

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#18

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 22.10.2012 18:35
von Toni • 490 Beiträge

Hallo Wolfgang!

Flügellänge?!

Du meinst deine Miramella vom Bärental?
Nach unseren Erkenntnissen gehören die Tiere mit längeren grünlichen Flügeln zu M. irena.
Das haben wir recht gut abgesichert (genitalisiertes Material).
Nun habe ich (wir) dank eurer Leistung auch Tiere in Alk.

Übrigens, wie schon erwähnt (??) bildet der Loiblpass eine zoogeografische Grenze. Miramella irena und Erebia calcaria gibt es nur westlich hiervon.

Lg, Toni

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#19

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 22.10.2012 21:03
von WSW • 1.034 Beiträge

Nein Toni, mit dem Link verweise ich auf die Flügelfotos von biguttulus/eisentrauti, man muss nur weit genug hinunterscrollen. Wenn´s nur immer so eindeutig wäre! Manche unschärferen Bilder aus leicht schrägem Blickwinkel täuschen allzu oft einen eisentrauti vor.

Bei dieser Gelegenheit möcht ich mich aber in aller Form für die Miramella-Bestimmung bedanken! Eine meiner nun 106 - oder waren´s 107? - Arten, leider weiß ich´s nicht mehr genau...

VG Wolfgang

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#20

RE: Hochschwab-Eisentrauti; sowie Gaalbachtal+Sommertörl

in Exkursionsberichte 24.10.2012 03:15
von Toni • 490 Beiträge

Hallo Wolfgang!

Solltest du einen Hybriden vor dir haben, wird es immer schwer sein.

In typischen Lebensräumen von eisentrauti sind alle Merkmale entsprechend eisentrauti, auch die Flügeladerungen.
Blickwinkel der Aufnahme ist auch egal. Allerdings keine Darstellung für Bestimmungen zeigt das Subcostalfeld frontal, weil es schräg in einem Winkel zum Subcostalfeld steht.
Die Tiere aus den Nordalpen sind meist jedoch weniger ausgedehnt rot gefärbt, aber es wäre ja nichts Neues, wenn die Färbung bei Individuen und Populationen variiert.

Mir fehlen übrigens noch knapp 10 Arten. Aeropedellus hat mich genarrt. (daher sind es wohl noch 10?)
Dafür habe ich M. alpina subalpina gesehen. Müsste eigentlich auch gelistet werden.
Du siehst schon, es geht nicht darum irgendwann keine Art mehr auf der Liste zu haben, sondern um Wissenszuwachs.

LG, Toni


zuletzt bearbeitet 24.10.2012 03:18 | nach oben springen


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