X
#1

Ferlacher Grieß

in Exkursionsberichte 11.08.2017 21:52
von Günther • 2.336 Beiträge

Grüß Euch,

damit dann nicht wieder alles auf einmal kommt und ausufert, möchte ich kurz den heutigen Tag dieser Woche zwischenschalten, in der ich mich in Kärnten aufhalte (mit Kirschentheuer bei Ferlach als Stützpunkt).

Am Vormittag und Mittag hat es geregnet/gehagelt, aber am frühen Nachmittag riss es dann auf und ich begab mich nicht unweit von meinem Quartier zum sog. Ferlacher Grieß - das ist der Unterlauf des Loiblbaches, der aus den Karawanken kommt, den Ort Ferlach durchfließt und schließlich in die Drau mündet. Auf den letzten ca. 1,7 km heißt er Grießbach. Hölzel (1955) berichtet, dass er hier im Bachbett Ende August 1941 zwischen Psophus stridulus, Sphingonotus caerulans und Oedipoda caerulescens auch 2 Weibchen von Oe. germanica fand - seine einzigen in Kärnten. Interessanterweise schreibt er aber 1943 von einem von ihm gefangenen Pärchen bei Unterloibl, das im Nachhinein von W. Kühnelt als Oe. germanica bestimmt wurde - von denen fällt aber 1955 kein Wort. Warum, das entzieht sich meiner Kenntnis.

Na jedenfalls ist es ein wahnsinnig schönes Gebiet, am Westufer des Grießbaches findet man thermophile lichte Kiefernwälder mit schottrigem Untergrund, ähnlich jenen am Lech in Tirol. Hier ein Eindruck davon (mit Tierfotos kann ich leider nicht dienen, weil ich das entsprechende Übertragungskabel für die Canon nicht dabei hab; an Tagfaltern waren Polyommatus coridon und Minois dryas recht häufig, und zu meiner großen Freude entdeckte ich auch ein Exemplar von Polyommatus dorylas, dem Wundklee-Bläuling (was jedoch nichts ist im Vergleich zu einem Fetthennen-Bläuling Scolitantides orion gestern an einer kleinen Felswand bei Greuth westlich von Völkermarkt, erst mein zweiter juhuu; aber darum geht´s ja jetzt nicht;-)):





Kurz nach der Ankunft dort ließen sich auch schon die ersten Ephippigers hören - viele waren es aber nicht, vielleicht 2-3. Diese konnten schon H.-M. Berg und S. Zelz im Jahre 1997 dort feststellen, allerdings in höherer Anzahl. Psophus stridulus hingegen war nur mit 1 Männchen zu finden, die dürfte bei Hölzel noch wesentlich häufiger gewesen sein (HMB und SZE meldeten keine von dort).
Ansonsten gab es natürlich überall die klassischen Arten, bestandsbildend waren wohl Ch. mollis ignifer und Ch. biguttulus. Ebenso Oedipoda caerulescens war in großer Zahl zu finden. In den krautigen Beständen am Wegrand waren Euthystira brachyptera und Pachytrachis gracilis am häufigsten. Und natürlich Ruspolia, die man schon fast (in positivem Sinne;-) als Landplage bezeichnen kann. Sie hockt hier in Südkärnten einfach überall, selbst mitten in den Wäldern, sobald es etwas krautiger wird.
Von zwei Arten gab es je nur einen Einzelfund, und zwar von Tetrix kraussi und Metrioptera brachyptera.

Und dann ging es natürlich ins Schotterbett des Grießbaches. Wirklich sehr schön, das muss ich schon sagen! Auf sandigen Stellen flog mir Sphingonotus überall um die Ohren (also nun schon 3 der 4 von Hölzel genannten Ödlandschrecken), Cicindela hybrida in nur wenigen Einzelstücken. Gehofft hätte ich auf Chorthippus pullus, aber das war leider eine Nullnummer. Dafür - und ich freute mir einen Haxn aus - fand ich an 3 Stellen Tetrix tuerki, insgesamt waren es 9 Larven und 3 adulte (wobei letztere nicht mehr unbedingt die wendigsten waren). Natürlich wären bei noch genauerer Nachschau noch wesentlich mehr zu holen gewesen. Wie üblich waren sie an etwas durchfeuchteten Standorten (mit "dunklerem" Boden) und etwas mehr Vegetation zu finden, so wie hier:







Wenn ich mich nicht verschaut hab, wurde die im Ferlacher Grieß noch nicht gefunden, ist aber vom gegenüberliegenden Drauufer bei Maria Rain historisch belegt. Am Luftbild sieht man dort schon noch Stellen, wo sie noch sein könnte, vielleicht probier ich das morgen mal.

Insgesamt war es heute mit 18 Arten auf dieser 1,3 km langen Strecke recht erbaulich, wenngleich Oe. germanica leider ausließ. Gerechnet hab ich aber eh nicht damit;-).

Am Ende bei der Mündung in die Drau hat man dann eine große Kiesabbaustätte vor sich...



Und selbst eine Sonnenblume hat sich dort ins Bachbett verirrt - von der Konstitution durchaus mit den adulten tuerkis vergleichbar;-).



Hier noch der Vollständigkeit halber die Artenliste:

Phaneroptera falcata
Ruspolia nitidula
Ephippiger ephippiger
Pachytrachis gracilis
Metrioptera brachyptera
Platycleis grisea
Pholidoptera griseoaptera
Tetrix tuerki
Tetrix kraussi
Oedipoda caerulescens
Sphingonotus caerulans
Psophus stridulus
Euthystira brachyptera
Gomphocerippus rufus
Chorthippus brunneus
Chorthippus biguttulus
Chorthippus mollis ignifer
Pseudochorthippus parallelus



LG,
Günther


zuletzt bearbeitet 11.08.2017 23:31 | nach oben springen

#2

RE: Ferlacher Grieß

in Exkursionsberichte 31.08.2017 16:27
von JarJar • 614 Beiträge

Hallo Günther,

toller Bericht! Sind ja trotz allem sehr schöne Arten dabei :) Scolitantides orion würde ich auch gerne einmal sehen. Ich werde mal einen Abstecher nach Greuth machen, wenn ich wieder einmal vor Ort bin. Ist dein beschriebener Fundort einfach zu finden? Auch nach Oe. germanica werde ich mal die Augen offen halten. Vielleicht hab ich ja Glück. Evtl. zusammen mit Christine... 4 Augen sehen ja bekanntlich immer mehr als 2 :)

Lieben Gruß,
Christoph


zuletzt bearbeitet 31.08.2017 16:31 | nach oben springen

#3

RE: Ferlacher Grieß

in Exkursionsberichte 31.08.2017 21:41
von Christine • 1.226 Beiträge

Hallo,

das Gebiet ist wirklich eindrucksvoll, aber nachdem sich entlang der Karawanken viele solcher Bäche und in den Ebenen dazwischen Kiefer-Schneeheidebestände erstrecken, braucht man wohl viel Knowhow und Ausdauer, um dort die Schmankerl zu finden.

T. tuerki ist schon ein Sonderfall, die sind - sogar dort, wo man weiß, dass es sie gibt, in so geringer Individuenzahl vorhanden, dass man schon leichter einen Lottosechser erwischt.

Bei Unterloibl bin ich auch schon wegen Oe. germanica rumgestiefelt, mit erwartbarem Erfolg.

@Christoph, auf Günthers Spuren wandeln können wir gerne, wenn wir's nicht finden, fragen wir halt.

LG
Christine


nach oben springen

#4

RE: Ferlacher Grieß

in Exkursionsberichte 01.09.2017 06:58
von Günther • 2.336 Beiträge

Hallo Christoph,

Greuth ist ganz woanders als Ferlach, das hat damit gar nichts zu tun;-). Zu finden ist das alles sehr leicht, wenns Probleme gibt, bitte einfach melden.

LG,
Günther

nach oben springen

#5

RE: Ferlacher Grieß

in Exkursionsberichte 08.09.2017 16:48
von Günther • 2.336 Beiträge

...und wenn ich schon dabei bin, gleich als Ergänzung noch ein paar Tierfotos aus dem Ferlacher Grieß.

Schon am Lech ist mir damals aufgefallen, dass Tiere aus der Ch. biguttulus-Gruppe in solchen lichten, schottrigen Kiefernwäldern überdurchschnittlich oft grün gefärbt sind. Was das nur wieder zu bedeuten hat...? Hier ein Ch. mollis ignifer-Männchen aus Ferlach - die Farbkombination war der Hammer (leider nicht so sehr am Foto)!


Tetrix tuerki - Lärvchen und Imago:



Oedipoda caerulescens vs. Sphingonotus caerulans:




LG,
Günther


zuletzt bearbeitet 09.09.2017 00:21 | nach oben springen


Besucher
0 Mitglieder und 1 Gast sind Online

Besucherzähler
Heute waren 301 Gäste und 2 Mitglieder online.

Forum Statistiken
Das Forum hat 2330 Themen und 15016 Beiträge.

Heute waren 2 Mitglieder Online:

Besucherrekord: 107 Benutzer (01.04.2019 18:48).



Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen