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#1

Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 01:39
von Günther • 2.336 Beiträge

Grüß Euch,

ich war Freitag und Samstag spontan wiedermal - wo sonst - in Kärnten. Frei nach dem Motto "Reicht es Dir im flachen Land, so fahr` nach Kärnten kurzerhand.";-). Am Freitag wollte ich zunächst einen orangen Quadranten (= 5-9 Arten) in einen roten (= 10-19 Arten) umwandeln, genauer gesagt in den Gurktaler Alpen bei Flattnitz. Geklappt hat es ganz knapp nicht, es ist einfach ein artenarmes Gebiet, nicht mal T. cantans oder Ph. aptera ließen was von sich hören. Highlight: Stenobothrus stigmaticus, nämlich hier auf dieser extensiven Rinderweide:



Ein absoluter Wahnsinn waren auch die hunderten wenn nicht tausenden (keine Übertreibung!) Exemplare des Weißbindigen Mohrenfalters (Erebia ligea), die die Forststraßen und auch betonierten Straßen quasi eindeckten. Ein adäquates Foto ist mir leider nicht gelungen, die haben eine erstaunliche Fluchtdistanz (die aber vor herbeirollenden Autos nicht zu schützen scheint). Die anderen Erebien muss ich mir noch anschauen, zumindest E. medusa war glaub ich auch noch dort, ebenso noch ein anderer...

Dasselbe Begehr folgte anschließend in einem orangen Quadranten nordwestlich von Metnitz (in dem Quadranten, in dem ich einst meinen ersten S. stigmaticus und meine erste Miramella carinthiaca sah). Hier hat es geklappt. Hightlight: Myrmeleotettix maculatus, nämlich hier auf dieser extensiven Rinderweide;-), gemeinsam mit knapp 10 weiteren Arten, u. a. Tetrix subulata, Ch. apricarius etc.:



Und Isophya brevicauda sang an einer Stelle um die Wette (Sound natürlich aus dem Detektor;-):



Hier sah ich auch meinen ersten Argynnis niobe, den Mittleren Perlmuttfalter.



Der Samstag stand dann zunächst im Zeichen der Suche nach Tetrix tuerki an der Drau. Es mag vielleicht wahnwitzig erscheinen, einen solchen Hitzetag dem Umherirren auf Schotterbänken zu widmen, aber was soll´s, is doch wurscht... Zunächst war die Drauschleife bei Rosegg an der Reihe, und ich muss sagen, dass ich noch nie eine so schöne Schotterbank gesehen hab! Sie dürfte noch eher jung sein, demnach natürlich keine tuerki (nur tenuicornis), auch kein Chorthippus pullus. Aber sie hat ordentliches Potenzial (zumindest, wenn die Drau regelmäßig anschwillt) und sollte im Auge behalten werden!



Von Würfelnattern sollte es dort eigentlich wimmeln... Orthopterologische Highlights waren hier eine knipsende Sumpfschrecke und ein paar wenige Sumpfgrillen. Am spannendsten waren die Libellen: U. a. waren beide Pechlibellen anwesend, einige (5+) patroullierende bzw. frisch geschlüpfte Zangenlibellen (Onychogomphus forcipatus) und ganz besonders die Blaupfeile: Unzählige (100+) Südliche Blaupfeile (Orthetrum brunneum), darunter auch 1 Großer Blaupfeil (O. cancellatum) und 1 Kleiner Blaupfeil (O. coerulescens). Gibt´s eigentlich auch Stellen, wo alle 4 syntop vorkommen?

Dann weiter zum Rosenbach bei St. Jakob im Rosental. Für tuerki passt es hier nicht so, dafür waren hier viele Blauflügelige Sandschrecken und auch Mauereidechsen unterwegs.

Die Tscheppaschlucht nahe dem Loiblpass hab ich mir bei diesen Touristenmassen erspart, bin dann weiter rauf gefahren und die alte Passstraße, die man nicht mehr befahren kann, bis zu slowenischen Grenze hinaufgewandert - absolut empfehlenswert!! Hauptsächlich wollte ich dort alte Nachweise von Poecilimon ornatus bestätigen, aber da gab´s ein Problem. Auf österreichischer Seite keine einzige, aber geht man oben nur 15 m über die Grenze, wimmelt es schon an einer kleinen südexponierten Wiesenböschung neben der dortigen Hütte von Sängern! Demnach keine neue Art für den Live-Ticker;-). Am Weg rauf ist aber Poecilimon gracilis allgegenwärtig, im unteren Bereich auch selten Miramella irena. Besonders gefreut haben mich adulte und larvale Tiere von Antaxius difformis an einem Felsabbruch. Hier ein paar Habitataufnahmen:


Ein Eldorado für Poecilimon gracilis


Wer sonst, wenn nicht A. difformis könnte sich hier wohlfühlen..


Und wenn da nicht Ch. eisentrauti sitzt, muss ein Besen dran glauben!


Hallo Slowenien...


Blick zurück nach Österreich...


Zwischen diesen Holzbrettern schließlich turnte noch ein Karpaten-Skorpion Euscorpius gamma herum.

Mein absolutes Highlight aber, abgesehen von meiner ersten österreichischen Zippammer und einer Tannenmeisen-Bruthöhle in einer alten Mauer, trug sich an einer der vielen Stützmauern, wie sie für alte Passstraßen typisch sind, zu, und zwar an einer unterhalb des Weges. Hier nur ein Foto nach unten genknipst mit der Frage, wie viele und welche Reptilienarten hier zu sehen sind. Die Auflösung folgt, ebenso die Geschichte dazu. Ich war von den Socken...




Viele Grüße,
Günther

PS. Ich muss mich entschuldigen, dass kaum Tierfotos in dem Beitrag sind - bin da zurzeit zugunsten von Habitatfotos etwas träge...


zuletzt bearbeitet 10.07.2017 12:10 | nach oben springen

#2

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 09:20
von HeidrunF • 15 Beiträge

Hallo Günther!

Wow, was für ein wunderbarer Bericht! Ich finde es immer extrem spannend anderen "über die Schulter zu schauen" bei ihren Exkursionen - abgesehen davon dass es extrem spannend ist (na, was hat wer wo gefunden?) lernt man gerade als nicht so erfahrene Person einfach so unglaublich viel dazu :-)

Ich meine auf der Mauer eine Ringelnatter und eine Kreuzotter (?) zu entdecken - bin schon sehr gespannt auf die Auflösung :-D

Lg Heidi


zuletzt bearbeitet 09.07.2017 09:21 | nach oben springen

#3

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 17:15
von Günter Pucher • 670 Beiträge

Hallo !

Genial - Ringelnatter UND Hornotter vereint...das muß Dir erst jemand nachmachen . Oder hast Du noch irgendwo eine Smaragdeidechse versteckt ?

VG S-Gü

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#4

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 19:58
von WSW • 1.034 Beiträge

Günter, ich muss dich da ein wenig enttäuschen. Nach deinem Posting hab ich mir das Bild jetzt heruntergeladen. So, wie ich es mir gleich gedacht habe, ist es eine Kreuzotter, die Zickzacks sind einfach zu eng für eine Hornotter. Die Ringelnatter war ja rel. leicht erkennbar.

Die Tatsache, dass Günther nach der Zahl der Reptilien fragte, hat mich veranlasst, das Bild mehrfach nach einer eventuellen zusätzlichen Eidechse zu scannen - vergeblich. Ich hab nichts mehr gefunden. Jetzt wäre noch aufzuklären, was genau die Sensation ist, die Günther so entzückt hat. Bin schon gespannt auf die Aufklärung....

VG Wolfgang

edit: Nach dem Absenden des Beitrags hab ich noch einen Blick auf das Bild geworfen: Es scheinen 2 Kreuzottern zu sein. Genaueres erkennt man aber nicht. Man muss das Bild aber jedenfalls herunterladen, wenn man da überhaupt midiskutieren will

noch einmal edit: das 2. Exemplar links - schwer erkennbar - könnte eine Hornotter sein...


zuletzt bearbeitet 09.07.2017 20:06 | nach oben springen

#5

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 21:00
von Christine • 1.226 Beiträge

Hallo,

scheint auf alle Fälle ein nettes Plätzchen zu sein, dieses Kärnten, ich glaub, da muss ich auch einmal hin.

LG
Christine


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#6

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 21:20
von Günther • 2.336 Beiträge

Grüß Euch,

danke für´s Mitraten! Wenn da wirklich noch eine zweite Kreuzotter/Hornotter ist, wäre das ja noch besser (für ammodytes ist es dort eigentlich zu hoch, über 1100 m) - allerdings hab ich damals keine zweite gesehen und auch am Original kann ich keine erkennen, wo siehst Du die, Wolfgang? Heidi hat recht mit ihrer Annahme.
Es verhielt sich folgendermaßen: Zunächst sah ich die Ringelnatter, hab sie fotografiert, das Foto jemandem geschickt, dann nochmal fotografiert und wollte schon weitergehen, als ich plötzlich noch diese riesige weibliche braune Kreuzotter sah (daneben eine Exuvie), die hatte ich schlichtweg übersehen. Höchste Aufregung, fotografiert, verschickt, gefreut, fotografiert... Dann nochmal kurz runtergeschaut, und da sehe ich plötzlich, dass im Grasbüschel zwischen den beiden Schlangen noch eine Blindschleiche liegt (die sieht man aber auf dem Bild leider nicht). Also 3 Reptilienarten auf vielleicht 1,5 m, wenn überhaupt. Bin dann rauf zur Grenze, und als ich ein paar Stunden später wieder zurückkam, waren Blindschleiche und Kreuzotter weg, die Ringelnatter war ganz unten an der Mauer und am Platz der braunen Kreuzotter lag plötzlich eine große schwarze. Also eine irre Reptilienmauer! Ein paar hundert Meter wegabwärts dann noch ein schwarzes Männchen.
Das sind die Erlebnisse, bei denen man weiß, warum man eigentlich die ganze Zeit durch die Gegend kraxelt.. :-)

LG,
Günther


zuletzt bearbeitet 10.07.2017 00:19 | nach oben springen

#7

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 22:11
von WSW • 1.034 Beiträge

Wo sieht man die? Naja, ich hab mit allen Mitteln noch ein Reptil gesucht, denn die Zahl 2 schien mir wie gesagt zu wenig
Links von dem dicken Körper der Kreuzotter konnte man eine Reihe von schwarzen Zeichnungselementen erkennen, die zu einer Hornotter hätten passen können.

Die Höhe des Loiblpasses ist mir bestens bekannt. Aber ich wusste nicht, auf welcher Höhe du da gerade unterwegs warst. Und die Skorpione sind ja auch wärmeliebend. Das wär übrigens für mich die Sensation gewesen - habe in Ö noch nie einen Skorpion gefunden.

VG Wolfgang

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#8

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 09.07.2017 23:59
von Günther • 2.336 Beiträge

Wo sieht man wen? Die Anguis? Die ist auf dem Bild leider verborgen... Das von Dir Markierte gehört zur braunen berus.

Die Skorpione sind zwar prinzipiell wärmeliebend, E. gamma steigt in Kärnten aber bis 1800 m, und E. germanus in Osttirol sogar bis 2170 m (leider weiß ich nicht, wo jeweils). So hoch oben einen solchen zu sehen, das wär mal was...

LG,
Günther

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#9

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 11.07.2017 22:04
von Liesi • 226 Beiträge

Toller Bericht, Günther - so ein Kurzwochenende zahlt sich doch aus ! Ich glaube, ich werde auch einmal endlich ausgiebig nach Kärnten fahren, mir diese super Gebiete anschauen !

Mein Kurzwochenende verbrachte ich in den Schladminger Tauern - dort zu meiner Freude eine Barbitistes serricauda-Larve

sonst singen fleissig die Warzenbeisser (wobei viele der Weibchen noch im letzten Larvenstadium sind)

viele Sibirische Keulenschrecken, in einem kleinen Moor Pseudochorthippus montanus etc...
Besonders gefallen hat mir auch der Hochmoor-Gelbling (Colias palaeno)

Grüße
Liesi


zuletzt bearbeitet 11.07.2017 22:04 | nach oben springen

#10

RE: Kärnten, ein Kurz-Wochenende

in Exkursionsberichte 16.07.2017 02:57
von Günther • 2.336 Beiträge

Oh, jetzt hab ich Deinen Beitrag erst gesehen, Liesi! Colias palaeno... Obwohl ich zurzeit ständig im Tagfalterbuch rumkrame, hab ich bewusst noch nie von dieser Art Notiz genommen.. Wohl, weil die Coliasse bei uns im Tiefland als Imagines kaum zu unterscheiden sind, und so weit, um nach Raupen zu suchen, bin ich noch nicht. Also werden die geflissentlich im Buch überblättert;-)
Gratuliere!!

Lepiforum geht immer noch nicht

LG,
Günther


zuletzt bearbeitet 16.07.2017 23:02 | nach oben springen


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